Freispruch:Nur ein Auslaufmodell

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Online-Händler aus dem Landkreis handelt sich eine Anzeige wegen Betrugs ein, weil eine von ihm verkaufte Trinkwasser-Filteranlage gebraucht und nicht neu gewesen sein soll. Das Gericht sieht dafür keine Hinweise

Von Alexander Kappen, Freising

Er soll eine Trinkwasser-Filteranlage als neues Produkt über den sogenannten Marketplace des Internet-Anbieter Amazon verkauft haben, obwohl er wusste, dass es sich um ein gebrauchtes Produkt handelte. So stand es jedenfalls im Strafbefehl, den ein 39-jähriger Online-Händler aus dem nördlichen Landkreis erhalten hatte. Der Vorwurf lautete: Betrug. Doch der Mann legte Einspruch ein und bekam in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht jetzt Recht. Am Ende der Beweisaufnahme sahen weder die Staatsanwältin noch das Gericht irgendeine Betrugsabsicht als erwiesen an. Richterin Tanja Weihönig sprach den 39-Jährigen frei.

Der Angeklagte hatte die rund 900 teure Anlage mit eingebautem Filter, mit der man Trinkwasser mit und ohne Sprudel zapfen kann, an eine Firma in Berlin verkauft, die sie für eine Abteilung mit zehn Mitarbeitern verwendete, wie der Geschäftsführer als Zeuge im Gericht aussagte. Ein halbes Jahr lang habe die Anlage einwandfrei funktioniert, "dann hat sie den Dienst eingestellt", so der 46-Jährige. Er habe dann in der Bedienungsanleitung nachgesehen, an was das liegen könne und wie der Defekt möglicherweise zu beheben sei.

Dazu habe er das Gerät aufgemacht, um an den Filter zu kommen, der laut Handbuch etwa nach einem Jahr ausgewechselt werden muss. "Aber da das Gerät schon nach vier bis fünf Monaten nicht mehr funktioniert hat, bin ich davon ausgegangen, dass es ein gebrauchtes ist", sagte der Zeuge. Zumal er auf dem Filter das Datum "Juni 2009" gelesen habe und davon ausgegangen sei, dass es sich dabei um das Haltbarkeitsdatum handele. Nachdem er den Angeklagten zweimal angeschrieben und keine Antwort bekommen hatte, zeigte er den Verkauf des Geräts als Betrug an. Er habe eigentlich nur erreichen wollen, dass der Filter ersetzt oder repariert wird, sagte der Käufer in der Verhandlung. Die Anzeige zielte also auf einen möglichen Gewährleistungsbetrug, sie war laut Richterin aber "vielleicht etwas ungeschickt formuliert". Darin habe es nämlich geheißen, dass eine gebrauchte Ware als neuwertige verkauft worden war.

Darauf deutetet jedoch nichts hin. Der Käufer sagte, dass er das Gerät in einem Originalkarton erhalten habe und dass Schutzfolien auf der Anlage klebten, wie es bei neuwertigen Geräten üblich ist. Allerdings handelte es sich bei der Anlage offenbar um ein älteres Fabrikat. Laut seiner Internetrecherche, so der Käufer, "gibt es nur noch einen Händler in Australien, der es vertreibt". Der Angeklagte räumte ein, "dass das ein Auslaufmodell war". Er habe 30 Geräte erworben und davon 20 weiterverkauft. "Sonst hat es bei keinem Gerät Probleme gegeben", versicherte er. Der Hersteller habe ihm übrigens bestätigt, dass es sich bei dem Datum auf dem Filter um das Herstellungs- und nicht das Verfallsdatum handele. Auf die Mails des Käufers habe er nicht geantwortet, "weil ich dachte, dass er mich austricksen will".

Der Käufer habe in seinen Augen keinen üblichen Garantie-Anspruch geltend gemacht, sondern - anders als vom Hersteller empfohlen - "das Gerät selbst geöffnet", sagte der Angeklagte. Auch habe der Käufer nicht unmittelbar nach Erhalt des Geräts moniert, ein gebrauchtes anstelle eines neuen Geräts erhalten zu haben, "sondern hat erst nach einem halben Jahr geschrieben".

Der Angeklagte habe ein älteres Modell verkauft, das sei klar, sagte die Staatsanwältin, "aber damit hat er sich keines Vergehens schuldig gemacht". Sie beantragte ebenso einen Freispruch wie der Verteidiger. "Vielleicht war der Wasserverbrauch einfach so groß, dass der Filter schon eher als nach einem Jahr gewechselt werden musste", mutmaßte die Richterin. Auch in ihren Augen war "keine Betrugsabsicht nachzuweisen".

© SZ vom 12.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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