Immobilienpreise:Die besten Wohnlagen in Freising

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Kaufen oder nicht? Vier Experten erklären, wie sie den Immobilienmarkt in Freising einschätzen und was sie von den Wohnlagen der Stadt halten - und kommen dabei zu einem ähnlichen Ergebnis.

Von Eva Zimmerhof, Freising

Es ist verlockend. Die Kredite zur Immobilienfinanzierung sind so günstig wie nie. Laut dem Immobilienverband Deutschland (IVD) sind die Preise allein in den vergangenen fünf Jahren extrem gestiegen und ein Ende ist nicht in Sicht: 45,5 Prozent sind auf den damaligen Kaufpreis einer Eigentumswohnung in guter Lage aufzuschlagen. Doch ist der Immobilienkauf derzeit noch eine gute Anlage? Vier Freisinger Immobilienexperten erklären, wie sie den Immobilienmarkt einschätzen und was sie von den Wohnlagen der Stadt halten.

"Klare Begrenzungen von Wohnlagen gibt es in Freising eigentlich nicht", Stadtrat und Planungsreferent Franz Bernack (Freisinger Mitte) zögert zunächst mit einem Urteil. "Sie würden mir Bauchschmerzen machen, denn so etwas würde eine soziale Abgrenzung begünstigen." Doch Bernack ringt sich zu einer Wertung durch, benotet dabei jedoch wie ein netter Lehrer. "Fünfer vergeb' ich nicht", sagt er und schreibt nach einigem Überlegen seine Zahlen in die Karte der Stadt.

An Straßen und in Flughafennähe sieht es schlecht aus

Unabhängig voneinander und etwas rigider im Urteil ziehen der Makler Peter Stanglmaier, Uwe Förster von der Sparkassen-Immobilienabteilung sowie der Immobiliensachverständige Wolfgang Widmann auf der Karte mit bunten Textmarkern ihre Grenzen, teilen die Stadt in bevorzugte bis einfache Wohnlagen ein und skizzieren Mischflächen.

Einfache Lagen seien für ihn "stark verdichtete Wohngebiete und Lagen an Durchgangsstraßen", erklärt Förster mit kritischem Blick auf die Münchener und Erdinger Straße. "Wegen des Lärms und der Emissionen." Die starke Abwertung an befahrenen Straßen betonen alle Experten - sie gilt selbst für bevorzugte und gute Wohnlagen wie die Innenstadt oder Neustift. Schlechte Wohnlagen gebe es in Freising gar nicht, sagt Stanglmaier bezogen auf das knappe Immobilienangebot. Allerdings sehe es "an den Straßen und in Flughafennähe" doch anders aus.

"Für jemanden aus München ist das südöstliche Lerchenfeld normal"

"Ist Attaching überhaupt eine Wohnlage? Da ist überhaupt kein Immobilienmarkt wahrnehmbar", sagt Förster. Stanglmaier ist gleicher Ansicht, findet Pulling aber wegen der S-Bahn-Anbindung "akzeptabel". Außerdem sei alles relativ, so der Makler. "Das südöstliche Lerchenfeld ist für Freisinger vielleicht nicht attraktiv. Aber für jemanden, der aus München - etwa aus Unterschleißheim - zuzieht, ist die Wohnlage normal." Zwischen südlich und nördlich der Isar zu differenzieren sei "Unsinn", sagt indes Widmann und schwärmt vom "schönen Alt-Lerchenfeld". "Süd-Lerchenfeld sehe ich einfach zu nah an einer möglichen dritten Start- und Landebahn, räumt er ein. "Bis nach Vötting sind es weite Wege", erklärt Bernack seine Wertung, "und durch die Westtangente wird Vötting nicht schöner."

Die vier Experten haben eine ähnliche Meinung

Die optische Zusammenfassung der Expertenmeinungen ist leicht, denn die eingezeichneten Wohnlagen weichen auf den vier Karten nur geringfügig voneinander ab. Dabei scheint Folgendes zu gelten: Je weiter die Lage vom Zentrum entfernt und je näher sie dem Flughafen oder einer Hauptstraße ist, desto schlechter wird sie. Das Beste liegt in Freisings Mitte.

Bernack weist jedoch auf innere Unterschiede hin: "In der Altstadt stehen sanierte Gebäude direkt neben baufälligen. Allerdings stehen da auch viele teure Wohnungen leer." "Am Lankesberg etwa finden sich wunderbare Villen in Nachbarschaft zu Sozialwohnungen", berichtet dazu Widmann. "Es gibt immer wieder gute Mikrolagen, die Kaufpreisanpassungen nach oben erlauben", sagt auch Förster: "Kürzlich hat ein Kollege eine Doppelhaushälfte in der Max-Reger-Straße für 650 000 Euro verkauft." Dabei liegt die Straße in Süd-Lerchenfeld, in einer mittleren bis einfachen Wohnlage.

Angebote gibt es nur im oberen Preissektor

Das herrschende Angebot entspricht keinesfalls der Nachfrage, wie auch der IVD vermerkt. Vor allem günstiger Wohnraum ist Mangelware, das geringe Angebot liegt fast ausschließlich im jeweils oberen Preissektor. "Steinpark, Mainburger Berg, Katharina-Mair-Straße, Münchner Straße. Bei allen Neubauten liegen die Quadratmeterpreise über 4000 Euro. Wir brauchen etwas, was das Angebot nach unten abrundet", so Förster. Keines der aktuellen Bauprojekte hat zu einer Entspannung des Marktes geführt. Widmanns Lösungsvorschlag ist die Nachverdichtung: "Wohnbaugebiete wie das Steinareal könnten ruhig noch ein weiteres Stockwerk vertragen, wenn damit der öffentlich geförderte Wohnungsbau begünstigt wird."

In der Eichenfeldsiedlung, die in der NS-Zeit entstand, soll für frei stehende Einfamilienhäuser eine Millionen Euro - und laut Widmann auch mehr - verlangt werden. Dabei ist das Stadtzentrum relativ weit entfernt. "In der umgebauten Vimy-Kaserne können auch einzelne Wohnungen fast eine Millionen Euro kosten", so Widmann. Als Gründe für die hohen Preise führt Förster die niedrigen Zinsen, die gute Arbeitsmarktsituation, die steigenden Mieten, die Zahl der Zuziehenden, und die große Nachfrage an: "Gute wirtschaftliche Lagen schließen günstige Immobilienpreise einfach aus."

Mit der dritten Startbahn entsteht ein "fatales Wohngefälle"

Das IVD-Institut sieht "keine Entspannung" des Marktes. Wenn die dritte Startbahn komme, werde Freising "plötzlich Wohnort für Tausende von Flughafenarbeitern", prophezeit Bernack, "und nicht alle können sich schönen Wohnraum leisten." Er fürchtet dann nicht nur mehr Geschossbau, sondern vor allem, dass damit ein "fatales Wohngefälle" entstehen könnte. "Dann breitet sich ein Lärmteppich über Freisings Süden aus", sagt Bernack. "Bessere Lagen wird es dann nur noch im Norden geben."

Einen "Blick in die Glaskugel" werfen könne er nicht, sagt Stanglmaier zur weiteren Entwicklung. Das sagt auch Widmann: "Freising ist und bleibt aber ein schwieriger und angespannter Immobilienmarkt." Eingezwängt zwischen Bannwald, Trinkwasserschutzgebiet und Flughafen kann die Stadt nicht wie Erding, Landshut oder Dachau über ihre Grenzen hinaus wachsen. "Wir werden ein konstant hohes Preisniveau haben", resümiert Widmann. "Wer viel Geld hat, kann beruhigt in Freising einkaufen. Günstiger wird es so schnell nicht mehr."

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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