Freisinger Verein feiert Geburtstag:Friedvolle Kämpfe

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Im Jahr 1982 ist Friedemann Böhme als Student nach Freising gekommen, er ist der Stadt ebenso treu geblieben wie dem Karate-Dojo, dem er damals beitrat und später auch lange Zeit vorstand. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Karate-Dojo Freising feiert am Samstag sein 50-jähriges Bestehen mit Workshops und Gala. Mittlerweile bietet man neben klassischem Wado-Ryu Karate drei weitere Kampfsportarten an, 150 Mitglieder trainieren regelmäßig.

Von Laura Dahmer

Wenn man die Türschwelle zur Sporthalle des Josef-Hofmiller-Gymnasiums in Freising übertritt, fühlt man sich plötzlich wie in einen Bruce Lee-Film versetzt. In der rechten Hallenhälfte steht eine Gruppe von Jugendlichen in Reih und Glied und vollführt unter Anweisung ihres Trainers eine Kombination von Tritten und Schlägen, alles synchron. Auf der linken Hallenhälfte wirft gerade ein in Hosenrock gekleideter, junger Mann einen anderen, der ihn mit einem Holzstock angreift, über denselben auf die Matte. Hinter ihnen, in der Ecke, macht eine kleine Gruppe ruhige, fließende Bewegungen, die fast meditativ wirken. In der Halle trainiert das Karate-Dojo Freising, das diesem Samstag sein 50-jähriges Bestehen feiert. Der Verein bietet mittlerweile vier Kampfsportarten an.

"Als ich vor 37 Jahren nach Freising kam, waren wir eine sehr kleine Gruppe von Leuten, die Wado-Ryu Karate praktizierten", erzählt Friedemann Böhme. Er war 35 Jahre lang Leiter des Vereins, bevor er die Funktion 2017 an Sven Gerstendörfer übertrug. Böhme kam 1982 als Student nach Freising. Er kämpfte als Karateka im Bayernkader und suchte einen neuen Verein. "Damals war das Karate-Dojo die einzige Adresse in Freising", sagt er. Zehn Leute waren es ursprünglich, die sich 1967 im Tanzsaal beim Wirt von Sünzhausen trafen, um einen Verein zu gründen. 1968 war es dann soweit. Jetzt, ein Jahr nach dem Jubiläum, wird in Freising gefeiert. Heute hat das Karate-Dojo etwa 150 Mitglieder und bietet neben Wado-Ryu Karate auch Taiji, Takamura ha Shindo Yoshin Ryu (TSYR) und Kickboxen an. Aus dem Verein entstanden mit der Zeit auch Karateabteilungen in Neufahrn, Moosburg und Eching.

Kurz nach der Ankunft Böhmes erlebte Karate deutschlandweit einen regelrechten Boom - auch in Freising. "Mitte der 90er hatten wir 380 Mitglieder und waren eine der größten Wado-Ryu-Schulen Deutschlands. Damals stand ich 20 Stunden in der Woche auf der Matte", erinnert sich der Karateka, der mit dem fünften Dan einen der höchsten Gürtelgrade im Karate besitzt. Mittlerweile, sagt der Oberpfälzer, gibt es im Freizeitbereich viel mehr Angebot. "Junge Leute verpflichten sich oft nicht mehr nur für ein Hobby und können dann nicht so viel Zeit investieren." Das merke er am Mitgliederzuwachs. "Dadurch, dass wir uns um drei weitere Disziplinen erweitert haben, können wir uns aber konstant halten", fügt Böhme hinzu.

Die größte Disziplin ist nach wie vor das Wado-Ryu Karate. Wado bedeutet im Japanischen soviel wie Weg des Friedens, Ryu steht für Schule. Es ist eine der großen japanischen Stilrichtungen im Karate. Beim Wado-Ryu, so sagt Böhme, gehe es nicht darum, der Größte und Stärkste zu sein. "Es sieht hart aus, eigentlich ist es aber nur Technik. Hironori Otsuka, der Begründer des Wado-Ryu, war ein kleines leichtes Männchen von 50 Kilo", bemerkt Böhme und lacht. Die Idee ist, der ankommenden Kraft im Karate auszuweichen und dann erst zuzuschlagen. "Wobei man immer einen Millimeter vor der Berührung stoppt." Im Freisinger Verein sind viele Frauen, auch die Kindergruppe ist groß. "Den Kindern lehrt Karate Konzentration, Disziplin und Präzision", sagt der Trainer. Die kleinsten Karatekas des Dojos sind sechs Jahre alt. Über die Jahre hat der Verein viele bayerische und deutsche Meister hervorgebracht, mittlerweile fokussiert man sich eher auf den Breitensport.

Vor 15 Jahren kam zum Wado-Ryu Karate das Taiji hinzu, eine innere Kampfkunst aus China. Sie ist vor allem bekannt aus Parks, wo sich Gruppen zum gemeinsamen Taiji treffen. Und als Böhme gut fünf Jahre später einen US-amerikanischen Lehrer kennengelernt hat, der eine traditionelle Form von Jujutsu lehrte, nahm er auch das im Karate-Dojo auf: TSYR. Der traditionelle Kampfstil geht auf die Samurai zurück. "Es sind Techniken mit Körper und Stichwaffen, mit denen die Samuraikämpfer vor 1000 Jahren trainiert haben", erklärt Peter Volkert, erster Vorstand und Kindertrainer. "Normalerweise greift dabei einer mit Waffe an und bekommt sie vom anderen weggenommen", erklärt er. Gekämpft wird im Karateanzug und Hosenrock, der Kleidung der Samurai. "Es gibt auch Formen, bei denen in Rüsten und mit scharfen Waffen angetreten wird."

Die jüngste Abteilung des Karate-Dojo Freising ist das Kickboxen. 2014 kam ein ehemaliger Karateschüler von Friedemann Böhme auf ihn zu. "Er hat eine Kickboxgruppe in Freising geleitet, dann aber seinen Übungsraum verloren", sagt Böhme. Kurzerhand integrierte er die Gruppe, seit viereinhalb Jahren kann man beim Karate-Dojo auch Kickboxen. Neue Erweiterungen haben die Karatekas in nächster Zeit nicht mehr geplant und feiern jetzt erst mal ihr 50-jähriges Bestehen.

Am Samstag, 12. Oktober, findet ab 14 Uhr eine Jubiläumsfeier mit Workshops der Abteilungen statt. Im Anschluss um 17.30 Uhr gibt es eine Kampfsport-Gala mit Vorführungen des Vereins. Veranstaltungsort ist die Sporthalle der Luitpoldanlage. Weitere Informationen gibt es unter 08161/92319.

© SZ vom 11.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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