Freisinger Schulen:Reden statt klagen

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An den Freisinger Schulen werden umstrittene Themen mit den Eltern im Gespräch geklärt und nicht über Anwälte

Von Alexandra Vettori, Freising

Seit Jahren klagt der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrverband BLLV darüber, dass immer öfter Anwälte im Schulalltag mitmischen. Die Bereitschaft der Eltern nehme zu, bei Uneinigkeiten mit Lehrern oder Schulleitern juristischen Beistand zu suchen - so wie in anderen Bereichen des täglichen Lebens auch. Im Landkreis Freising aber bestätigt sich dieser Trend nicht. Weder Grundschulen noch weiterführende Schulen haben Probleme mit Anwälten und klagewütigen Eltern.

Gestritten werde um Noten, Erziehungsmaßnahmen, zu viele Hausaufgaben, Schulstrafen, eine Nichtversetzung, verletzte Aufsichtspflicht oder den nicht erreichten Übertritt auf das Gymnasium, so meldet der BLLV schon seit Jahren. Anfang des Jahres hat er deshalb sogar einen Rechtsratgeber für Lehrer und Schulleiter heraus gegeben. Fragt man in den Schulen des Landkreises Freising nach, lautet das Ergebnis dagegen: Fehlanzeige. Das bestätigt auch Bernhard Kindler, der stellvertretende Leiter im Freisinger Schulamt, das für alle Grund- und Mittelschulen des Landkreises zuständig ist. "Ganz ehrlich, so häufig kommt das nicht vor, dass die Schulen mit Anwälten zu tun haben", sagt er. Bei 33 Grund- und Mittelschulen, drei Förderzentren und insgesamt rund 9000 Schülern im Landkreis gibt es laut Kindler "vielleicht drei bis vier Fälle im Jahr, das ist prozentual verschwindend".

Nachfragen der SZ in den Schulen verliefen entsprechend, auch an den weiterführenden Schulen, für die nicht das Schulamt, sondern der Landkreis als Träger fungiert. "Nein, wir haben noch mit keinem Anwalt zu tun gehabt, ich kann diesen Trend nicht bestätigen", erklärt Christine Obermaier, Leiterin der Freisinger Karl-Meichelbeck-Realschule. Natürlich kämen Nachfragen von Eltern oder auch Kritik an Entscheidungen von Lehrkräften, "aber das lässt sich im Gespräch regeln". Auch Peter Spanrad, Konrektor am Camerloher Gymnasium in Freising, kann sich rückblickend auf 30 Jahre Berufserfahrung an keinen Fall erinnern. "Wenn es Uneinigkeiten gibt, dann spricht man darüber", sagt auch er. Manfred Röder, Direktor am Freisinger Dom Gymnasium, hat dieselbe Erfahrung gemacht: "Ich bin jetzt sieben Jahre hier und habe noch nicht erlebt, dass Eltern mit einem Anwalt kamen".

Die Kreisvorsitzende des BLLV, Kerstin Rehm, leitet seit Jahren die Grundschule in Haag. Auch sie betont, dass sie in ihrer beruflichen Vita und auch nicht an ihrer Schule je einen Fall erlebt hätte, in dem es juristisch geworden wäre. Allerdings wisse sie über die Verbandsarbeit durchaus, dass die Klagebereitschaft bei Eltern generell zunehme. "Ich weiß von anderen Schulen, wo Eltern im Hinblick auf Übertritt oder Unterrichtsinhalte, die ihnen nicht passen, mit einem Rechtsanwalt aufschlugen", sagt sie. Es komme allerdings nicht immer gleich zum Prozess. Trotzdem rät sie Lehrern, einem Verband oder einer Gewerkschaft beizutreten. "Dann hat man Beistand, wenn es zu Auseinandersetzungen mit Anwälten kommt." Allerdings stehen auch Schul- und Landratsamt hinter den Lehrern und Schulleitern. Normalerweise, erklärt Bernhard Kindler vom Schulamt, setzten sich die Schulen mit dem jeweils übergeordnetem Amt in Verbindung. Im Landratsamt gibt es einen Juristen, der sich der Sache dann annimmt. Ist der Fall immer noch nicht zu lösen, wird die Regierung von Oberbayern eingeschaltet. "Das ist dann die Instanz, die mit den Elternanwälten einen Vergleich trifft oder eben vor Gericht geht", sagt Kindler.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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