Freisinger Schatzkammer:Wohlverwahrt im Regal

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Während der Sanierung des Diözesanmuseums lagern die sakralen Kunstwerke gleich nebenan, im bereits renovierten Museumsdepot. Für die Öffentlichkeit soll es dort bisweilen Führungen geben

Von Katharina Aurich, Freising

Die Klimaanlage rauscht, bei 55 Prozent Luftfeuchtigkeit und 18 Grad Temperatur fühlten sich die Kunstwerke am wohlsten, sagt Christoph Kürzeder, der Leiter des Freisinger Diözesanmuseums. In den nächsten Jahren kann er "seine" Kunstwerke nur im Depot betrachten. Denn das Museum, eines der Größten für kirchliche Kunst weltweit, wird saniert. Wann es wieder öffnet, ist noch nicht absehbar. Doch zum Glück wurde das Depotgebäude nebenan in den vergangenen zwei Jahren modernisiert, bevor die vielen Objekte hierher umgezogen sind.

Sorgsam geht Hausmeister Harald Schönleber mit den wertwollen Kunstgegenständen im Depot des Diözesanmuseums um. (Foto: Marco Einfeldt)

Besonders praktisch seien die neuen Schieberegale und Planschränke, in denen man auf engstem Raum Hunderte Objekte unterbringen könne, sagt Kürzeder. In jeder Schublade liegen Kostbarkeiten dicht an dich, Kette neben Kette, glitzernde Steine, Amulette, Votivbilder und vieles mehr. Jedes Schmuckstück ist digital erfasst, zwei Mitarbeiter waren drei Jahre lang damit beschäftigt, berichtet der wissenschaftliche Mitarbeiter Patrick Charell. "Wir bieten den Objekten einen optimalen Lebensraum, damit sie uns möglichst lange erhalten bleiben", betont Kürzeder. In jedem Stockwerk des Depots ist eine andere Kunstgattung aufbewahrt. Unten im Keller stehen dicht an dicht die Skulpturen Einige hundert Jahre Kirchengeschichte blicken den Besucher an, - leidend, furchtsam, erstaunt und ergeben. Darüber im Erdgeschoss stehen die Krippen, dann kommt das Gemäldedepot, darüber das für Volkskunst und Textilien. Dort herrschen nur 50 Prozent Luftfeuchtigkeit, berichtet Hausmeister Harald Schönleber. Er ist rund um die Uhr erreichbar und sofort zur Stelle, wenn eine Anlage ausfalle.

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(Foto: Marco Einfeldt)

Patrick Charell steht vor einem der neuen Planschränke,...

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(Foto: Marco Einfeldt)

...in dem man auf engstem Raum...

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(Foto: Marco Einfeldt)

...Hunderte Objekte unterbringen kann.

Natürlich seien diese unschätzbaren Werte auch durch neueste Brandschutztechnik gesichert. Praktisch ist außerdem, dass im Depotgebäude eine Familie wohne, die ebenfalls bemerke, wenn etwas nicht in Ordnung sei. Wenn das Museum wieder öffnet, wird nur ein Teil der Schätze aus dem Depot ausziehen, präsentiert und immer wieder ausgetauscht. Denn Aufgabe des Museums sei nicht nur die Ausstellung, es gehe um viel mehr, schildert Kürzeder: Die Kunstwerke zu bewahren, zu sammeln und zu erforschen. Auch würden ständig neue Objekte erworben, die zur Sammlung passten. Allerdings wird heutzutage nicht mehr, wie noch bis in die 1970-er Jahre, alles angekauft und gesammelt, was irgendwie mit sakraler Kunst zu tun habe. Vielmehr wählt Sammlungsleiter Steffen Mensch genau aus, was wichtig ist. Vor kurzem hat das Museum eine Skulptur auf einer Auktion in New York erworben, erzählt Kürzeder. Ausgemustert, "entsammelt", wie das Fachwort heißt, wird aber wenig. Erst nach gründlicher Prüfung muss ein Stück das Museum wieder verlassen. Im Depot sei noch viel Platz, so dass sich die Sammlungen erweitern könnten.

Im Moment würden besonders viele Objekte für Ausstellungen an andere Museen ausgeliehen, auch dies eine Aufgabe des Diözesanmuseums. "Wir sind ein transparentes Museum und die Sammlungen gut kommuniziert" sagt Kürzeder. Bei so vielen Kunstwerken fällt es jedoch schwer, den Überblick zu behalten, die wichtigsten Objekte des Museums habe er aber natürlich im Kopf. Immer wieder entdecke er in den Regalen und Schubladen auch für ihn Überraschendes, erzählt der Theologe und Volkskundler. In der Restaurierungswerkstatt im zweiten Stock des Depotgebäudes kommt er ins Schwärmen, hier wird gerade eine lebensgroße Holzfigur von Ignaz Günther (1725 bis 1775) restauriert. Kunstvoll geschnitzt sind die Falten des Umhangs, aber an vielen Stellen wurden sie mit Farbe übertüncht. Nun werde vorsichtig versucht, das Kunstwerk wieder in den Originalzustand zu versetzen, beschreibt Kürzeder. Es gehe nicht nur darum, die Schätze für kommende Generationen zu erhalten, sondern auch um theologische, kulturgeschichtliche oder naturwissenschaftliche Forschung. Untersucht wird etwa, wie die Farben aufgebaut sind, woher eine Figur stamme und welche Materialien verwendet wurden. Sogar aus welchen Abbaugebieten die Mineralien für die Farben kamen, könne mit modernen Analysemethoden ermittelt werden. Für Kürzeder erzählt jedes Objekt eine ganze Geschichte, auch uns heutige Menschen berühre diese Kunst, ist er überzeugt. Deshalb bietet man, bis das Diözesanmuseum wieder öffnet, hin und wieder Führungen durch das Depot an.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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