Überraschend deutlich hat am Sonntag die erst vor gut einem halben Jahr aus der CSU hervorgegangene Wählervereinigung "Freisinger Mitte" (FSM) die erste Runde der Oberbürgermeisterwahl in Freising gewonnen. Ihr Kandidat Tobias Eschenbacher erhielt 33,7 Prozent der Wählerstimmen. Er zieht nun in 14 Tagen gegen den zweiten Sieger des Abends, Sebastian Habermeyer (Grüne), in die Stichwahl. Für Habermeyer votierten 20,6 Prozent der Freisinger Wähler. Die Wahlbeteiligung lag bei 55,2 Prozent und wurde nach dem langen und engagiert geführten Wahlkampf mit sieben Kandidaten allenthalben als sehr enttäuschend bezeichnet.
Großer Verlierer des Wahlabends ist die Freisinger CSU mit ihrem Kandidaten Rudolf Schwaiger, für den sich nur 15,4 Prozent der Wähler entschieden haben. Entsprechend lange Gesichter gab es, als im Rathaus nach und nach die Zahlen aus den einzelnen Stimmbezirken eintrudelten. Schwaiger büßte sicher durch das starke Auftreten der Freisinger Mitte Stimmen ein - und offenbar konnte er auch seinen "Amtsbonus" als bisheriger Zweiter Bürgermeister der Stadt nicht nutzen.
Nur knapp hinter Schwaiger endete mit 14,4 Prozent der Wählerstimmen die Oberbürgermeister-Wahl für den Bewerber der Freien Wähler, Benno Zierer, auf Platz vier. Der Dritte Bürgermeister und langjährige Freisinger Stadtrat punktete vor allem in den kleinen Ortsteilen und wurde zu Beginn der Auszählung sogar vor dem Kandidaten der Grünen geführt. Kaum trafen jedoch die Zahlen aus den größeren Stimmbezirken ein, hatten zunächst Habermeyer und später auch Schwaiger die Nase vorn.
Enttäuschend verlief der Wahlsonntag für SPD-Stadträtin Eva Bönig. Immerhin angetreten für die Partei von Amtsinhaber Dieter Thalhammer, hatte sie sicher mehr erwartet, als die 12,2 Prozent, die nach der Auszählung im vorläufigen amtlichen Endergebnis standen. Noch härter traf es Helmut Priller (ÖDP), den nur 2,7 Prozent der Freisinger Wähler gerne als ihren nächsten Oberbürgermeister gesehen hätten. Der Kandidat der Linken, Daniel Wilke, kam auf exakt ein Prozent der Stimmen.
Selten hatten sich zur Stimmauszählung bei einer Wahl in Freising so viele interessierte Bürger im Rathaus eingefunden. Der große Sitzungssaal war bis auf den letzten Stehplatz besetzt, selbst im Vorraum drängelten sich die Anhänger der Kandidaten noch - und dass die Freisinger Mitte die meisten Unterstützer mitgebracht hatte, war am Jubel abzulesen, als die ersten Zahlen aus den Ortsteilen auf die Leinwand projiziert wurden: Eschenbacher hatte von Anfang an die Nase vorn - und das blieb zu seiner eigenen Überraschung auch in fast allen Stimmbezirken so.
Der Vorsprung des FSM-Kandidaten ist groß: Lediglich in einem Wahllokal, in der Vöttinger Schule, kam Habermeyer auf 32,5 Prozent, für Eschenbacher stimmten dort nur 25,2 Prozent. Doch selbst in Attaching, das von der geplanten dritten Startbahn am Flughafen schwer belastet würde und daher als Hochburg der Grünen galt, wurden am Ende mit 38,2 Prozent mehr Stimmen für den Kandidaten der Freisinger Mitte gezählt als für Habermeyer (23 Prozent). Hier dürfte allerdings mit eine Rolle gespielt haben, dass der Ortssprecher von Attaching, Hans Hölzl, im Spätsommer 2011 mit Eschenbacher die CSU verlassen und die Freisinger Mitte gegründet hat. CSU-Mann Schwaiger fuhr in Attaching erwartungsgemäß mit nur acht Prozent sein schlechtestes Ergebnis ein.
Bemerkenswert auch das Abschneiden der Kandidaten in Pulling, dem Freisinger Ortsteil, der schon jetzt schwer unter Fluglärm zu leiden hat. Während Habermeyer hier nur auf 13 Prozent kam und damit gleichauf mit Schwaiger lag, votierten die Pullinger mit 30,8 Prozent für Benno Zierer, weitere 27,1 Prozent entschieden sich für Eschenbacher. Auffällig ist in Pulling wie auch in Attaching die im Vergleich zur übrigen Stadt noch einmal schlechtere Wahlbeteiligung von 42,2 beziehungsweise 44,7 Prozent.