Freisinger Haushaltslage:Abstrus und ausweglos

Lesezeit: 1 min

Die Stadt kommt nicht aus und muss ein Gutachten machen lassen, neue Erkenntnisse werden die Stadträte daraus wohl nicht gewinnen.

Kommentar von Kerstin Vogel

Man mag sich schon wundern: Das Gutachten, das klären soll, ob die Stadt Freising möglicherweise zu viel Geld ausgibt an falscher Stelle und derweil ihre möglichen Einnahmen vernachlässigt, dieses Gutachten also kostet zunächst bis zu 130 000 Euro. Noch dazu wird es keinesfalls zeitnah fertig. Das heißt: Auch der nächste Freisinger Haushalt wird ohne die von der Rechtsaufsicht geforderte Expertise des Kommunalen Prüfungsverbandes aufgestellt werden müssen. Und weil das nicht abstrus genug ist, betreffen die Vorgaben, nach denen dieses Gutachten angefertigt werden soll, auch noch genau die Punkte, von denen der Stadtrat bereits weiß, dass das die möglichen Stellschrauben sind - an denen aber eine große Mehrheit im Stadtrat bislang aus gutem Grund nicht drehen mochte.

Da ist zum einen das Personalwesen in einer Stadt, die sich mit den ständig wachsenden Aufgaben einer Boomregion konfrontiert sieht: Infrastruktur, Verkehrswende, Bewältigung des Klimawandels, Wohnbau und Parkraumüberwachung - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. In den Referaten der Stadtverwaltung wird zum Teil seit Jahren händeringend Personal gesucht. Ein Stellenabbau aus finanziellen Gründen wäre nun ein seltsamer Weg, dieses Problem zu lösen.

Die Stadträte wollen Familien nicht über Gebühr belasten

Und was die angekündigte Prüfung der Einnahmenseite durch die Gutachter angeht: Dass der Freisinger Stadtrat in besagter Boomregion mit ihren wuchernden Mietpreisen beispielsweise bestrebt ist, gerade Familien mit Kindern nicht auch noch ständig durch höhere Gebühren zu belasten, ist ihm eigentlich hoch anzurechnen.

Doch die Ergebnisse des Gutachtens werden am Ende verpflichtend umzusetzen sein, weil die hohen Kosten dafür nämlich nur dann ersetzt werden. Grob verdeutlicht: Will der Stadtrat nicht 130 000 Euro in den Sand setzen, wird er künftig wohl nicht mehr oder nur in begrenztem Maße an seiner Personalpolitik und den freiwilligen Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger festhalten können. Einen Ausweg aber hat die Stadt Freising aus dieser bedauerlichen Misere nicht. Die Rechtsaufsicht hat die Genehmigung des Haushalts an das Gutachten geknüpft und der Bayerische Kommunale Prüfungsverband ist das einzige Unternehmen, das diese Prüfung auch durchführen kann. Seine Prämissen werden also gelten. Ein möglicher neuer Blickwinkel auf teure Projekte, wie ihn sich manch einer im Stadtrat wünschen würde, ist dagegen nicht zu erwarten.

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: