Freisinger Ferienspiele:Sommer der Abenteuer

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Gaby Dworsky muss in den Werkstätten auf dem Abenteuerspielplatz am Sebaldhaus auch mal mit anpacken. Urlaub macht sie erst nach den Sommerferien. (Foto: Marco Einfeldt)

Gabi Dworsky leitet die Spielstadt am Sebaldhaus, in der sich in den Ferien jede Woche bis zu 200 Kinder in den Werkstätten und Spielstationen ausprobieren können. Urlaub macht sie erst danach und den hat sie dann auch dringend nötig

Interview von Christoph Dorner, Freising

Ein Mädchen hat sich weh getan, also ist Gabi Dworsky zur Stelle und tröstet. Die Erzieherin ist seit 30 Jahren bei der Stadtjugendpflege, den Abenteuerspielplatz am Freisinger Sebaldhaus hat sie mit aufgebaut. Im Interview mit der SZ spricht sie darüber, wie es ist, täglich 200 Kinder in Schach halten zu müssen, über die Anfänge der Spielstadt und den richtigen Umgang mit Kindern während der Ferien.

Frau Dworsky, ist es für Sie eigentlich die anstrengendste Zeit des Jahres, wenn Kinder Ferien machen?

Dworsky: Ja, das schon. Aber ich bin trotzdem ganz gerne hier im Sebaldhaus, weil ich ja auch so viel Energie in diesen Ort stecke. Jetzt ist eine Mitarbeiterin ausgefallen und wir haben nicht sofort einen Ersatz gefunden. Aber wir können den Sommer der Kinder deshalb nicht ausfallen lassen.

Der Abenteuerspielplatz am Sebaldhaus ist auch dank Ihnen eine Institution im Freisinger Ferienprogramm.

Um das Jahr 1977 gab es hier die Anfänge eines Bauspielplatzes. Anfangs waren nur Jugendliche hier, die während der Sommerferien in den Hütten gewerkelt und geraucht haben. Ich habe damals als junge Frau ein Praktikum gemacht und war entsetzt. Hans Neumeier, damals Leiter des Jugendzentrums, hatte irgendwann beschlossen: Ab jetzt machen wir hier ein Programm.

Sie haben aus dem Abenteuerspielplatz eine Spielstadt gemacht.

Das war vor etwa 15 Jahren. Im Vorfeld hatte ich mich bei anderen Gemeinden erkundigt, in denen so ein Angebot bereits existierte. In München gibt es eine große Spielstadt, die ist aber nicht in einem solch tollen Garten. Die Kinder haben hier Platz. Es gibt Verstecke, damit sie sich auch mal zurückziehen können. Da ist das Sebaldhaus schon etwas besonderes. Irgendwann kamen so viele Kinder, dass wir das Alter auf acht bis 14 Jahre beschränkt haben.

Täglich kommen bis zu 200 Kinder ins Sebaldhaus. Verlieren Sie da nicht den Überblick?

Die 200 Kinder sprengen eigentlich die Kapazitäten des Hauses. Unsere Organisation kommt dann schon an ihre Grenzen. Wir sind aber auch kein Hort, die Kinder können kommen und gehen, wann sie wollen. Von dieser Freiheit lebt dieses Angebot. Die ersten zwei Wochen sind ausgebucht, danach kommen weniger Kinder. Ich bin trotzdem die gesamten sechs Wochen hier.

Was sind Ihre Aufgaben während der sechs Wochen?

Ich muss viel organisieren. Vorab musste ich Materialien sichten, einkaufen und ausprobieren, damit sich hier sechs Wochen lang Kinder beschäftigen können. Und die Kinder sind natürlich auch sehr gespannt auf das Thema und seine Umsetzung.

Klingt nach viel Arbeit im Vorfeld.

In den letzten Tagen vor der Eröffnung kommen der zweite Hauptamtliche Mitarbeiter der Stadtjugendpflege, Stefan Memmler, und ich schon auf dem Zahnfleisch daher. Wir haben ja bis Juli auch noch das Spielmobil. Wir hatten also nur vier Wochen Zeit, "Sebaldoniki" vorzubereiten. Und das Gelände ist arbeitsintensiv. Das Baugebiet mit den Holzhäusern muss jedes Jahr neu aufgebaut werden. Es muss gewartet werden und vorab auch wirklich sicher sein, wenn Kinder hier spielen.

Was lernen Kinder in "Sebaldoniki"?

Die Kinder werden hier in ihrer Fantasie angeregt. Natürlich können die Kinder auch in der Schule kreativ sein. Aber bei uns gibt es einfach viel mehr Möglichkeiten. Die Kinder lernen im Prinzip in jeder Werkstatt etwas. Sie müssen aber auch viel organisieren, eigenständig ihre kleinen Ladengeschäfte verwalten. Sie backen Kuchen, den sie dann verkaufen. Sie lernen etwas über das alte Griechenland, weil es ein Museum gibt. Sie können hier vor allem Dinge selbst entwickeln.

Griechenland ist ja gerade auch ein Thema in der Welt der Erwachsenen. Gibt es da auch Nachfragen der Kinder?

Ja. Gestern hatte ein Kind die Idee, die Eurokrise pantomimisch darzustellen.

Jetzt liest man ja ständig, dass...

... die Kinder so schlimm geworden wären?

Genau. Stimmt das denn aus ihrer Sicht?

Natürlich gibt es auch schwierige Kinder, aber ich habe trotzdem nur gute Erfahrungen mit Kindern gemacht. Bei uns gibt es schon auch Regeln, bei deren Einhaltung bin ich schon streng. Wir holen die Kinder auch zusammen und machen Versammlungen, damit das hier nicht ausufert.

Was sind tägliche Herausforderungen?

Es gibt unter Kindern natürlich immer wieder Streitigkeiten, oft zwischen Kindern, die nebeneinander bauen. Aber da sind wir natürlich dahinter, dass die im Gespräch schnell wieder ausgeräumt werden. Viele Freisinger Kinder lernen sich aber erst hier untereinander kennen. Am Sebaldhaus haben sich viele Freundschaften entwickelt.

Was überrascht Sie an Kindern nach all den Jahren als Erzieherin immer noch?

Die Ideen der Kinder. Manchmal muss man sie zwar so weit bringen, Dinge selbst anzupacken. Bei der Modedesign-Station sollen Kinder selbst griechische Kleider machen. Und wir sind immer wieder erstaunt, was sie aus den Stoffen machen.

Während der Ferien kommen bis zu 1000 Kinder hierher. Sie entlasten die Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder immens.

Es gibt schon einige Eltern, die sehr scharf darauf sind, ihre Kinder eine Woche zu uns schicken zu können.

Was brauchen Kinder in den Ferien?

Sie sollten tun können, was sie wollen. Bei uns können sie sich ans Feuer setzen und nichts tun. Als ich Kind war, haben wir uns in Gruppen zum Spielen getroffen. Heute ist das nicht mehr so. Am Sebaldhaus haben sie aber eine Auswahl an Möglichkeiten. Sie können Freunde finden, statt vor dem Computer zu hocken. Hier können sie sich auch mal streiten oder weh tun.

Pädagogen warnen die Eltern davor, die freien Tage der Kinder so durchzuorganisieren wie während der Schulzeit.

Wir üben hier keinen Druck aus. Es gibt hier eine Struktur, in der sich die Kinder zurechtfinden müssen. Für manche ist das nicht so einfach. Sie bekommen hier schon etwas beigebracht, aber die Methoden sind anders als in der Schule. Wir motivieren sie und helfen ihnen auch. Manchen Kindern muss man sagen: Du machst das jetzt mal.

Sie sind seit 1985 bei der Stadtjugendpflege. Hätten Sie gedacht, dass Sie 30 Jahre später immer dort arbeiten?

Nein, das hätte ich damals nicht gedacht. Ich weiß zwar nicht, wie lange ich noch durchhalte, weil die Arbeit recht anstrengend ist. Aber dieses freie Arbeiten mit Kindern hat mir immer großen Spaß gemacht. Ich habe auch im Kindergarten gearbeitet, das hätte ich aber mit Sicherheit nicht so lange gemacht.

Und wann machen Sie Ferien?

Ach, irgendwann nach den Sommerferien.

© SZ vom 10.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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