Freisinger Braukultur:Von Weihenstephan in die ganze Welt

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Festakt 150 Jahre Brauwesen Weihenstephan. (Foto: Lukas Barth)

In den 150 Jahren ihres Bestehens hat die Fakultät für Brau- und Lebensmitteltechnologie immer neue Impulse gesetzt

Von Katharina Aurich, Freising

Vor 150 Jahren wurde erstmals an der landwirtschaftlichen Zentralschule in Weihenstephan direkt neben der Staatsbrauerei ein fünfmonatiger "Brauer Cursus" angeboten. Dies war der Start für die heutigen Fakultät für Brau- und Lebensmitteltechnologie, deren Absolventen den Namen Weihenstephan rasch in den Brauereien überall auf der Welt bekannt machten. Heute sei aus der "Traditionsmarke eine Zukunftsmarke" geworden, lobte Professor Wolfgang Herrmann, Präsident der TU München, zu der die Fakultät gehört, beim Festakt am Freitag.

Die Brauer und ihre Fakultät hätten sich beispielhaft immer wieder verändert, neue Impulse aufgenommen und schließlich in den 1970er Jahren die Lehre und Forschung um die Lebensmitteltechnologie erweitert. Dieser Geist der Veränderung werde auch in Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit der Fakultät als weltbekannte Ausbildungs- und Forschungsstätte erhalten, betonte Herrmann. Eine der großen Herausforderungen für die Brauer der Zukunft sei die Veränderung der Märkte, heißt es in der umfangreichen Festschrift zum Jubiläum. Es reiche nicht mehr aus, ein gutes Bier zu brauen, sondern es seien Produktinnovationen gefragt. Aus denselben Rohstoffen ließen sich mittlerweile ganz unterschiedliche Biere herstellen, die traditionelle Braukunst habe sich längst zu einem komplexen Bioprozess entwickelt. Auch das Marketing und die Verpackung spielten eine immer größere Rolle. Der Lehrstuhl werde in Zukunft die moderne Lebensmittelproduktion wissenschaftlich begleiten und innovative Ideen unterstützen, beschrieb Professor Thomas Becker, der den Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie inne hat. Er betonte, dass die Forschungsthemen und Ergebnisse kein Selbstzweck seien, sondern die Unternehmen sollten einen monetären Nutzen davon haben. Die Studierenden erhalten am Lehrstuhl eine fundierte betriebswirtschaftliche Ausbildung, sie arbeiten später nicht nur in der Produktion oder Forschung, sondern auch im Vertrieb oder Management. Eine Besonderheit des Braustudiums in Weihenstephan sei der "Diplom-Braumeister", sein Niveau liege unterhalb des Bachelors. Mit diesem Angebot öffnet sich die Universität ausgebildeten Brauern und Mälzern, die sich akademisch weiterbilden möchten und schafft dadurch eine Durchlässigkeit für unterschiedliche Lebenswege. Nach dem Brauerdiplom können die Absolventen ihren Bachelor und Master erreichen. In Zukunft solle diese Vernetzung durch neue Modulstudien auch hin zu anderen Fachrichtungen ausgebaut werden.

Nicht nur die Ausbildung, auch die Forschung an der Fakultät für Brau- und Lebensmitteltechnologie werde immer stärker vernetzt werden, schilderte Professorin Angelika Schnieke, die Dekanin des Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW) der TU München, zu der die Braufakultät gehört. In ihrer unterhaltsamen Begrüßung erzählte sie auch, wie sie schon als Kind lernte, Bierfässer anzuschlagen. Staatssekretär Bernd Sibler aus dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst versicherte, dass die Industrie nach wie vor einen großen Bedarf an "Brauern made in Weihenstephan" habe.

Der Höhepunkt der Jubiläumsfeier war natürlich der Festvortrag von Professor Ludwig Narziss. Der 90-Jährige hatte selbst seit 1964 als Ordinarius den Lehrstuhl mitgestaltet und arbeitet dort noch immer in seinem Büro. Er ließ mit seiner unglaublich umfangreichen Erfahrung die Geschichte der Fakultät und vor allem auch der Menschen, die sie im Laufe der Jahrzehnte prägten, lebendig werden. Kein Wunder, dass ihm die Festgesellschaft durch langen, kräftigen Applaus Respekt für diese Lebensleistung zollte.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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