Freising und das  Oktogon:"Der Stadtrat muss das wirklich wollen"

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Wie geht es weiter mit den Freisingern und ihrem Diözesanmuseum? Die Erzdiözese jedenfalls will niemandem etwas aufzwingen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Das war wieder so ein Wochenende für die Gerüchteköche: Dass man nun den Standort für das Diözesanmuseum überdenke, das hatte das Erzbistum ja schon kurz nach der Ablehnung des Bauantrags durch den Freisinger Stadtrat recht unverblümt zu verstehen gegeben - und manch ein Empfänger der Botschaft nahm das durchaus als Drohung. Seit Freitag nun pfiffen die Spatzen mutmaßliche Einzelheiten von den Dächern der Domstadt: Die komplette Planung sei gestoppt, die Handwerker seien aufgefordert worden, ihre Rechnungen einzureichen, die Stadt München habe Interesse an der Übernahme des Museums bekundet, "bringe sich in Position", habe bereits ein Grundstück angeboten - was halt so alles denkbar ist.

Sollte weiter so fleißig "stille Post" gespielt werden, wird Ende der Woche vermutlich erzählt, dass die Eröffnung des bereits fertigen neuen Diözesanmuseums am Münchner Marienplatz unmittelbar ansteht - kurz bevor dann der Freisinger Dom der Abrissbirne zum Opfer fällt. Was aber ist dran am Gerede?

Fest steht, dass als nächstes die Rechtsaufsicht aktiv werden muss. Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher hat den mit 20 zu 17 Stimmen ohnehin knappen Stadtratsbeschluss inzwischen wie angekündigt reklamiert. Das dafür zuständige Freisinger Landratsamt hat wissen lassen, die Regierung von Oberbayern hinzuziehen zu wollen. Strittiger Punkt am Bauantrag der Erzdiözese ist der geplante Abriss des als "Oktogon" bekannten Anbaus an der nordwestlichen Ecke des Diözesanmuseums, den 20 abstimmende Stadträte nicht mehr hinnehmen wollten, obwohl die Pläne lange bekannt und transparent kommuniziert waren.

Nicht zuletzt, weil die zuständigen Behörden, darunter immerhin das Landesamt für Denkmalpflege, dem Abriss des ehemaligen "Kloturms" aber bereits zugestimmt haben, besteht nach Ansicht des Oberbürgermeisters und seiner Stadtratsfraktion, der "Freisinger Mitte", für die Erzdiözese ein Rechtsanspruch auf Genehmigung des Bauantrags. Diesen dürfte die Rechtsaufsicht nach allgemeiner Einschätzung in ein paar Wochen bestätigen - doch bis dahin hat die Kirche die weiteren Arbeiten an der Generalsanierung tatsächlich auf Eis gelegt.

Bernhard Kellner, Sprecher der Erzdiözese, muss auf die Frage nach den Rechnungen der Handwerker zwar erst einmal lachen, lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es der Kirche ernst ist: "Wir überlegen wirklich, wie es weitergeht", sagt Kellner. Die Planungen in Freising seien gestoppt. "Wir prüfen die Gesamtsituation und kommen unserem Kulturauftrag dort nach, wo es möglich ist." Unstrittig ist, dass das Diözesanmuseum mit seiner weltweit größten Sammlung kirchlicher Kunst in München sehr viel mehr Besucher verzeichnen könnte, als in Freising. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass es Stimmen in der Erzdiözese gibt, die so eine Verlegung gerne sehen würden.

Ein Grundstück der Stadt München brauche man dafür jedoch nicht, versichert Kellner - und: "Wir haben darüber auch nicht mit der Stadt München gesprochen." Matthias Kristlbauer, Rathaussprecher in München, dementiert ebenfalls: "Dazu hat es keine Gespräche zwischen Stadt und Ordinariat gegeben."

Bleibt die Frage, wie es weitergeht mit den Freisingern und ihrem Diözesanmuseum. Denn die erwartete Entscheidung der Rechtsaufsicht pro Bauantrag dürfte der Erzdiözese nicht reichen: "Wir machen nichts, was der Stadt Freising aufgezwungen wird", sagt Kellner - und noch etwas deutlicher: "Der Stadtrat muss das wirklich wollen, dann machen wir das." Wie dieser Wille nun noch zum Ausdruck gebracht werden könnte, lässt der Sprecher der Diözese offen: "Der Ball liegt auf der Seite der Stadt."

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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