Freising:Medizinische Mangelverwaltung

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Ärztemangel im Landkreis: Überall fehlen Jugendpsychiater und Mediziner, die Suchtkranken Ersatzstoffe verschreiben können.

Hubert Grundner

Das Problem ist altbekannt, doch schnelle Abhilfe ist offenbar nicht zu erwarten: Im Landkreis Freising wird noch immer händeringend nach Kinder- und Jugendpsychiatern gesucht, die sich hier niederlassen wollen. Doch leider habe sich für die Region in dieser Hinsicht nichts getan, teilte jetzt Matthias Dose, der Leiter der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (Psag) bei deren Vollversammlung mit.

Ärztemangel im Landkreis: Überall fehlen Jugendpsychiatern und Mediziner, die Suchtkranken Ersatzstoffe verschreiben können. (Foto: AP)

Über die Gründe konnte Dose nur Spekulationen anstellen: Vielleicht liege es an Freisings Lage zwischen Landshut und München, wo jeweils ein hoher Versorgungsgrad mit Kinder- und Jugendpsychiatern erreicht sei. Möglicherweise denke ja dann ein Arzt, der überlegt, sich hier niederzulassen, dass in Freising kein rechter Bedarf bestehe.

Auch eine andere Hoffnung scheint sich inzwischen zerschlagen zu haben: Wie berichtet, hat sich in Erding die Kinder- und Jugendpsychiaterin Birgit Kupferschmid niedergelassen. Doch hatte es anfangs noch geheißen, die Fachärztin könne sich vorstellen, bei entsprechender Nachfrage auch im Landkreis Freising tätig zu werden, so ist davon heute keine Rede mehr. Nach Darstellung Doses muss Kupferschmids Praxis, kaum war sie eröffnet, bereits ausgelastet gewesen sein. Für regelmäßige Abstecher nach Freising bleibt der Ärztin offensichtlich gar keine Zeit mehr.

Eine ähnliche Mangelsituation stellt sich für den Landkreis Freising bei der Versorgung mit substituierenden Ärzten dar. Darauf machte Bernd Sauer vom Gesundheitsamt für den Arbeitskreis Sucht aufmerksam. Das habe zur Folge, dass derzeit alle Patienten nach München müssten, um sich adäquat behandeln zu lassen. Dass dies ein Problem darstelle, das man auch bei der Prop-Beratungsstelle registriere, bestätigte deren Leiterin, Bärbel Würdinger. Außerdem, so fügte sie hinzu, seien die Mitarbeiter ihres Hauses an dem Bundesmodellprojekt "Eskapade" beteiligt. Es befasst sich mit Ursachen und Folgen exzessiven Medienkonsums. Gleichzeitig hat aber auch Prop e.V. zu kämpfen: So sei die Finanzierung der Beratungsangebote derzeit nicht gesichert, sagte Sauer in der Psag-Vollversammlung. Dabei geht es um die Versorgung suchtgefährdeter Jugendlicher.

Erstmals hat sich bei der Psag-Vollversammlung der Verein Netzwerk Ess-Störung mit seinem Konzept vorgestellt. Wie der Name bereits sagt, will man Patienten und die verschiedenen Zuweiser und Leistungserbringer wie zum Beispiel Wohngruppen, Krankenkassen, Beratungsstellen, Jugendämter, Kliniken und Ärzte zusammenführen. Zum Konzept zählt neben klassischer Beratungsarbeit aber auch ambulant betreutes Einzelwohnen für Männer und Frauen mit Ernährungsstörungen. Dazu wurde ein Antrag gestellt und von der Psag genehmigt: Er sieht vor, zwölf Betreuungsplätze - im Regelfall die eigene Wohnung - einzurichten, die von zwei Mitarbeitern im Sinne aufsuchender Begleitung versorgt werden.

Pro Klient oder Klientin werden dabei sechs Wochenstunden veranschlagt, die für gemeinsames Einkaufen, Essen oder auch Restaurantbesuche genützt werden sollen - je nachdem welche Ursachen der Ess-Störung zugrunde liegen. Nach der Zustimmung der Psag entscheidet letztlich dann der Bezirk Oberbayern, ob tatsächlich Geld für das Netzwerk fließen wird.

© SZ vom 22.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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