Neue Beleuchtung für Freising:Raus aus dem Schattendasein

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Die Qualität der nächtlichen Beleuchtung ist ein Faktor im Wettbewerb der Städte. Beim ersten Freisinger Lichtforum analysieren Lichtingenieure den Bestand und zeigen erste Lösungsansätze für die Innenstadt auf.

Von Gerhard Wilhelm, Freising

Freising soll leuchten - auch nachts. Darüber waren sich beim ersten Lichtforum der Stadt alle Teilnehmer einig. Schließlich bringt eine Beleuchtung nicht nur sprichwörtlich Licht ins Dunkel, sie ist auch Bestandteil der nächtlichen Inszenierung einer Stadt, um ihre Attraktivität für Bewohner, Touristen und den Einzelhandel zu steigern. Damit kann Licht zu einem "weichen" Standortfaktor im Wettstreit der Städte werden, sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher.

Zum Auftakt des Lichtforums standen deshalb zunächst eine Bestandsaufnahme der innerstädtischen Beleuchtung Freisings, Licht in Theorie und Praxis sowie Beispiele für Beleuchtungen in anderen Städten im Vordergrund. Fernziel ist ein eigenständiges Beleuchtungskonzept für die Innenstadt im Rahmen der Umgestaltung der Hauptstraße mit Seitenstraßen und Moosachöffnung.

Nicht angestrahlte Häuser verschwinden im Schwarz der Nacht

"Die Sehnsucht nach Licht ist groß, aber bisher führt es mehr ein Schattendasein", sagte Stadtplanerin Sonja Rube von USP Projekte. Das unterstrich auch der Vortrag von Christoph Matthias vom Büro Lichtlauf. Er war Mitte März durch die Innenstadt spaziert und hatte die öffentlichen Räume mit seinen Augen, die er selber "Lichtaugen" nennt, betrachtet. Hierfür machte er an verschiedenen Orten Fotos am Tag und in der Nacht. Sie zeigten deutlich, welche Effekte künstliche Beleuchtung haben kann: Nicht angestrahlte Häuser verschwinden im Schwarz der Nacht.

Mitunter wirken die Häuser wie Kulissen aus Filmen. Einzelne stechen heraus, weil sie beleuchtet sind. Dazu setzen Lampen oftmals grelle Akzente, ebenso wie helle Schaufenster. Nicht alles sei aus seiner Sicht schlecht. Man müsse die Helligkeiten nur in Relation bringen. Dazu müsse man sich aber auch die Frage stellen, wie viel privates Licht man zulassen wolle. Zudem müsse man versuchen, "übergeordnete Landmarken" zu setzen, indem man beispielsweise Kirchentürme anstrahle.

Angst vor "LED-Hysterie"

Beatrice Seidt und Florian Zach vom Büro III Lichtplaner zeigten danach, was man grundsätzlich beim Einsatz von künstlichem Licht beachten müsse. Es müssten Blickachsen geschaffen und tote Punkte am Ende öffentlicher Räume vermieden werden. Auch die Durchgänge in Gassen müssten betrachtet, Blendungen vermieden werden. Auch wenn aus dem Publikum vor eine "LED-Hysterie" gewarnt wurde, sprach sich Florian Zach dafür aus. "Diese Technik ist sehr energieeffizient und kann sehr differenziert eingesetzt werden."

Das Vinzentinum am Eingang zur Innenstadt einmal bei Tageslicht... (Foto: Christoph Matthias/Lichtlauf)

Bei der Planung einer innerstädtischen Beleuchtung lege das Büro quasi ein "Spinnennetz" über die Stadt, was Sonja Rube, die den Abend moderierte, zu der Frage bewog, wo eine Stadt denn eigentlich ende. Letztlich sei dies eine Kostensache, sagte Beatrice Seidt. Sie kenne aber keine Stadt, die sämtliche Vorstellungen von Lichtexperten bislang umgesetzt haben. Entscheidend sei auch, dass die Anwohner mitmachen. "Es wird schwierig, wenn schon am Anfang die Hälfte Nein sagt."

Lichtquellen in der Reflexion des Bodenbelags

Das zeigten Beispiel von Innenstadtbeleuchtungen in Landau an der Isar oder im oberpfälzischen Nabburg, die Martin Klingler vorstellte. Dort wurden Überspannungslampen von Haus zu Haus und Leuchten in Dachfirsten installiert. Lichtquellen wurden nicht direkt, sondern über die Reflexion durch einen hellen Bodenbelag erzeugt. Die Leuchten an den Privathäusern durchzusetzen, sei nicht leicht gewesen, sagte Klingler: "Es ist viel Aufklärungsarbeit zu leisten."

...und in der Nacht (Foto: Christoph Matthias/Lichtlauf)

Das will man auch in Freising. Eine Innenstadtkonzeption solle im Dialog entstehen, sagte Sonja Rube. Hierbei gibt es auch schon erste Überlegungen, was verwirklicht werden könnte. Tobias Micke vom Büro "St raum a." zeigte erste Entwürfe. Sie sehen unter anderem helle Granitsteinbeläge vor, die Licht sehr gut zurück werfen. Dazu Überspannungslampen - aber nicht mehr mit Leuchtstoffröhren - und einen Marienplatz, bei dem sich die Mariensäule und die Fassaden deutlicher vom Untergrund des Platzes absetzen.

"Grundsätzlich zu jeder Schandtat bereit"

Auch die Gassen sollen in Zukunft stärker hervor treten. Da die Moosach nicht durchgängig geöffnet werden kann, soll ein farblich abgesetztes Pflaster den unterirdischen Flusslauf symbolisieren. Ein Belagwechsel wird auch an den historischen Eingängen vorgeschlagen. Zusammen mit zusätzlichen Lichtelementen sollen sie die historischen Stadttore andeuten.

Bei der Frage der Finanzierbarkeit verwies Andreas Voigt von den Stadtwerken auf Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Von der technischen Seite her "sind wir grundsätzlich zu jeder Schandtat bereit", sagte Voigt. Er plädierte aber auch dafür, eher dezent mit Licht umzugehen. Der Film "Der Verlust der Nacht", den Stadtplanerin Barbara Schelle zeigte, unterstrich den Wunsch vieler. Denn der Trend zu immer mehr Licht gehe auch zu Lasten von Mensch und Natur.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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