Freising:Gewohntes neu sehen

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Der Kulturverein Modern Studio zeigt sechs Diplomarbeiten der Münchner Akademie der Bildenden Künste im Alten Gefängnis

Von Christoph Dorner, Freising

In der Reihe "Ortswechsel" zeigt der Kulturverein Modern Studio vom 17. April bis zum 3. Mai die Werke von sechs Diplomandinnen der Akademie der Bildenden Künste in München. Die Ausstellung "Die Zukunft ist nicht mehr, was sie einmal war" ist im Alten Gefängnis in Freising zu sehen. Der Titel war ursprünglich ein ironischer Aphorismus des französischen Lyrikers und Philosophen Paul Valéry auf die 1937 verbreitete Zukunftsskepsis seiner Generation. Im Kontext der Ausstellung, die mit uneindeutigen Perspektiven spielt, ist er wohl auch als zeitdiagnostische Signatur zu lesen.

Analía Martínez malt gegenständlich. In ihrer Serie "Boandlkramer I, II, III" wurde das Grundmotiv - eine Reihe von Stühlen - als Linoldruck auf jeweils eine Leinwand aufgebracht und dann mit unterschiedlich variierten Farbkombinationen ergänzt. Es entstanden menschenleere Räume mit geisterhafter Präsenz.

Sima Dehgani stellt sich der Frage nach der eigenen Identität, vor allem als Frau. In ihrer Diplomarbeit zeigt sie das Leben ihrer in Teheran lebenden Freundin Samereh. Sie ist ihr "Zweites Ich". Die kaleidoskopartig arrangierte Serie von realen und inszenierten Fotografien setzt den Betrachter den Widersprüchlichkeiten zweier Perspektiven aus.

Auch Julia Smirnova stellt sich mit einer konzeptuellen Fotoserie vor. Auf einer Reise ans Schwarze Meer traf die Russin eher auf Vertrautes als auf Fremdartiges: "The place is not important" ist der Titel ihrer Serie. Das Zusammenstellen der Einzelmotive zu einer Gesamtreihe dauerte Monate. Dabei bezog Smirnova auch Urteile aus sozialen Netzwerken ein.

Stefanie Hofers großformatige Aquatinta-Arbeiten wirken wie Schwarz-Weiß-Fotografien. Ihr Thema ist der Garten als ein durch die Jahrhunderte unterschiedlich gestalteter Landschaftsraum. Der Verzicht auf Farbigkeit unterläuft dabei die gängigen Vorstellungen von lieblichen Gärten. Gestaltungsprinzip ist die Spannung zwischen Licht und Schatten sowie horizontalen und vertikalen Strukturen.

Die konzeptuelle Arbeit von Sonja Allgaier manifestiert sich in Objekten unterschiedlicher Art. Sie reflektieren im Sinne von Adorno Wesen und Aufgabe der Kunst in der Gesellschaft und fordern den Betrachter auf, Gewohntes neu zu sehen.

In den Zeichnungen, Übermalungen und Druckgrafiken der Freisingerin Künstlerin Judith Reichardt steht der Mensch mit all seinen existenziellen Fragen im Mittelpunkt. In ihrer Diplomarbeit, einer Projektion verschiedener Trickfilmtechniken, an der zwei weitere Künstler mitgewirkt haben, werden diese Figuren lebendig und miteinander in Beziehung gebracht. So entstehen immer neue Erzählungen.

Die Ausstellung ist an Freitagen von 15 bis 19 Uhr, an Samstagen und Sonntagen von 11 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Der Eintritt ist frei. Am Donnerstag, 16. April, lädt das Modern Studio um 19 Uhr zu einer Vernissage ins Alte Gefängnis ein, bei der auch die sechs jungen Künstlerinnen anwesend sein werden.

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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