Frau bangt um ihren Arbeitsplatz:Kein Erbarmen

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38-Jährige muss Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer abgeben. Richterin sieht wenig Spielraum für milderes Urteil

Von Peter Becker, Freising

Die Finanzlage einer 38-jährigen Frau aus dem westlichen Landkreis ist angespannt. Sie ist Alleinverdienerin und versorgt die Familie. Ihr Mann ist arbeitslos. Deshalb ist die Reue über eine "riesengroße Dummheit", wie Amtsrichterin Tanja Weihönig das Vergehen der Angeklagten nannte, auch groß: Im Juni vergangenen Jahres war diese betrunken von ihrer Wohnung zur Tankstelle in Allershausen gefahren, um Zigaretten zu holen. Auf dem Rückweg touchierte die Frau eine Leitplanke und landete mit ihrem Auto im Straßengraben. Der entstandene Schaden ist gering, die juristischen Konsequenzen für die Frau aber sind drastisch. Die Geldstrafe von 1200 Euro wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung schmerzt, weitaus schwerer wiegt, dass die Frau weitere fünf Monate auf ihren Führerschein verzichten muss. Sie bangt um ihren Arbeitsplatz.

Das Unheil hatte seinen Lauf genommen, als sich die Frau mit 1,44 Promille Alkohol im Blut zu der Fahrt nach Allershausen entschlossen hatte. An den Unfall selbst kann sie sich nicht mehr erinnern, gab aber vor Gericht ihren Fehler un- umwunden zu. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl hat sie Einspruch eingelegt. Ihr ging es darum, die Höhe ihrer Geldstrafe und die Dauer ihrer Führerscheinsperre zu verringern.

Ersteres ist ihr gelungen. Aufgrund der Schilderung ihrer finanziellen Situation reduzierte Weihönig den Tagessatz. Zuvor hatten die Amtsrichterin und die Staatsanwältin der Angeklagten klar gemacht, dass ihnen bei der Zumessung der Strafe wenig Spielraum bleibe. Bei ihrem Alkoholpegel habe sie den Wert der absoluten Fahruntüchtigkeit weit überschritten. Den setze das Gesetz bei 1,1 Promille an. Unterhalb dieses Limits würde sich die Frau "nur" einer Trunkenheitsfahrt schuldig gemacht haben.

Und so niedrig der angerichtete Schaden auch war, er überschreitet knapp einen gewissen Schwellenwert, ab dem die Staatsanwaltschaft tätig wird. Der Anwalt der Beschuldigten hatte zwar mit Erfolg moniert, dass beim Schaden der Leitplanke die Mehrwertsteuer nicht herausgerechnet worden war. Dadurch reduzierte sich dieser um 225 Euro. Die Beschuldigte hatte aber das Pech, dass eine nachfolgende Autofahrerin sich aufgrund herumliegender Scherben auf der Fahrbahn einen Reifenschaden zugezogen hatte. Für dessen Begleichung machte sie 200 Euro geltend. Insgesamt beträgt der Schaden knapp über 1500 Euro. Das entspricht dem Wert, ab dem die Staatsanwalt Anzeige erstattet.

Seit sieben Monaten muss die Frau bereits auf ihrer Führerschein verzichten. Normalerweise braucht sie für die Strecke zu ihrem Arbeitsplatz mit dem Auto zehn Minuten. Jetzt ist sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und ist mindestens 90 Minuten unterwegs. Weil diese oft unpünktlich fahren, kommt sie zu spät zur Arbeit, weshalb ihr offenbar ihr Arbeitgeber bereits mit Kündigung gedroht hat. Doch Richterin Weihönig beharrte auf einem Führerscheinentzug von weiteren fünf Monaten. Dies begründete sie mit dem hohen Alkoholwert und dass die Fahrt eigentlich aus einem nichtigen Anlass heraus stattgefunden hatte.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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