Fragen zum Verkehr an die Kandidaten:Personennahverkehr und Elektroautos

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Bundestagskandidaten setzen auf den Ausbau des Schienenverkehrs, der Radwegenetze und E-Mobilität sowie auf bessere Busanbindungen. Wichtig ist für manche in erster Linie der richtige Mix. Aber auch eine andere Wirtschafts- und Siedlungspolitik, die auf "Lebensraumorientierung" abzielt, wird zur Verkehrsvermeidung ins Spiel gebracht

Die Freisinger SZ möchte ihren Leserinnen und Lesern vor der Bundestagswahl am 24. September einen umfassenden Überblick über die in ihrem Wahlkreis zur Disposition stehenden Kandidaten und deren politische Ziele geben. Den insgesamt zehn Bewerbern wurden deshalb vorab sieben Fragen zugeschickt, die diese auf maximal zwanzig Zeilen beantworten sollten. Heute: Wie kann ein Land wie Deutschland die Verkehrsprobleme der Zukunft lösen?

Deuter: Von A nach B, egal womit: Die Möglichkeiten und Anbieter für verschieden kombinierbare Verkehrskonzepte werden massiv zunehmen. Wir setzen auf eine offene Vernetzung aller Verkehrsmittel - vom Fahrrad über Busse und Bahnen bis zum Carsharing - und sehen den öffentlichen Verkehr (Bus und Bahn) als natürlichen Angelpunkt eines sogenannten "multimodalen" Verkehrssystems. Auf dem flachen Land wird jedoch auch in Zukunft das Auto eine tragende Rolle spielen. Hier muss ein Umstieg auf E-Mobilität erfolgen. Die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur zählt wie der Straßenbau zur staatlichen Daseinsvorsorge.

Hoyer: Die Zukunft gehört dem Öffentlichen Personennahverkehr, der Elektromobilität und im Nahverkehr auch dem Rad. In Mobilität für alle muss nach Auffassung der Linken aber investiert werden, damit zum Beispiel auch Pendler auf das Auto verzichten können: Ausbau von Bus und Bahn und Bezahlbarkeit durch Sozialticket und Bahnsozialcard, weitere Förderung des Radverkehrs inklusive Radschnellwegen. Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene.

Huber: Die Infrastruktur unseres Landes wurde jahrzehntelang vernachlässigt und ist in vielen Teilen marode. Die AfD will deshalb ein bundesweites "Konjunkturprogramm Infrastruktur" auflegen. Ziel davon ist die Sanierung und der Ausbau von Schienen, Straßen, Wasserwegen, Brücken und öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Kindergärten, Theatern und Museen. Durch die hohe Abgabenlast, die auf die Staatsbürger zukommt, lehne ich die PKW-Maut ab. Genauso darf die Verkehrspolitik nicht ideologisch geleitet sein und bestimmte Verkehrsmittel weder bevorzugen noch diskriminieren.

Irlstorfer: Durch einen Verkehrsmix aus Straße, Schiene, Wasser und Luft.

Mehltretter: Immer mehr Menschen wollen in Metropolregionen wie dem Großraum München wohnen, und die Wege in die Arbeit werden immer weiter. Diesen zunehmenden Verkehr werden wir nicht mit Autos und Straßen in den Griff bekommen, sondern nur durch große Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr: Wir müssen Bahnstrecken ausbauen, mehr Züge und S-Bahnen einsetzen, Bustaktungen erhöhen und zusätzliche Linien anbieten, gerade in den ländlicheren Gebieten, und bessere Park-&-Ride-Angebote schaffen. Auch mehr und besser ausgebaute Radwege innerhalb der Städte sowie Radschnellwege für längere Distanzen helfen sowohl gegen das Verkehrschaos als auch bei der Energiewende beim Verkehr.

Neudert: Der Verkehrssektor wird in den nächsten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten durch heute schon absehbare Innovationen deutlich verändert werden. Ich meine hier das autonome Fahren und den Einsatz der Drohnentechnologie. Beide werden die Verkehrsströme deutlich verändern.

Hier kann Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn genug in diese Zukunftstechnologien investiert wird. Auch bei der Antriebstechnik, ob elektrisch oder mit Verbrennungsmotor oder ganz anders, hat Deutschland ein hohes Know-how im Ingenieurbereich, das es zielgerichtet einzusetzen gilt.

Prado Diaz: Öffentliche Verkehrsmittel müssen eine zentrale Rolle im Verkehr der Zukunft spielen. Der öffentliche Personennahverkehr muss dabei zu jeder Tageszeit eine praktikable Alternative zum eigenen Auto sein. Ich sehe es auch als einen großen Fehler an, dass die Bahn weniger rentable Strecken nicht mehr bedient, die im Namen der Daseinsvorsorge sinnvoll wären. Einrichtungen wie Nachtzüge und Autozüge, die unvergleichliche Vorteile bieten, hätten auch niemals eingestellt werden dürfen, sondern eher ausgebaut werden müssen.

Reck: Die Verkehrsprobleme sind nicht vom Himmel gefallen; sie wurden durch die Entwicklung technischer Möglichkeiten (Motorisierung, Hochgeschwindigkeitszüge, Düsenflugzeuge) und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen (Spezialisierung, Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz, Massentourismus, Freizeitindustrie) geschaffen. Sie werden sich nicht durch noch mehr Straßen, Bahnstrecken und Flughäfen lösen lassen. Das wäre bloß "mehr vom Selben". Was wir stattdessen brauchen, ist eine andere Wirtschafts- und Siedlungspolitik, die auf Regionalität und Lebensraumorientierung, auf Verkehrsvermeidung und Kreislaufwirtschaft setzt - und endlich die wahren Kosten des Verkehrs den Verursachern aufbürdet statt der Allgemeinheit.

Schnapp: Aufgabe zukunftsfähiger Verkehrspolitik ist es, ein Maximum an Mobilität mit möglichst wenig Verkehr und möglichst emissionsarm zu schaffen. Nachhaltige Mobilität ist eine Frage der Gerechtigkeit und Teilhabe, denn nur 50 Prozent der Menschen in Deutschland sind mit dem Auto mobil. Mobilität nachhaltiger zu gestalten, ist eine zentrale Aufgabe. Ohne nachhaltige Verkehrssysteme wird es keinen effektiven Klimaschutz geben. Energiewende ohne Verkehrswende - geht nicht. Es geht mir um einen Maßnahmenmix. Es ist nötig, die versäumten Investitionen in Radfahrer, Fußgänger, ÖPNV, klimafreundliche Autos und Carsharingmodelle nachzuholen. Vernetzte Angebote und die Möglichkeit sämtliche Angebote des öffentlichen Verkehrs aus einer Hand zu buchen, können hier einen echten Mehrwert bieten.

Weller: Nur durch den richtigen Mix. Durch die zentrale Lage Deutschlands in Europa haben wir die Chance, leistungsfähige Transportwege auf der Schiene, der Straße und zu Wasser anzubieten. Wir wollen Anreize schaffen, den Güterverkehr auf klimafreundlichere Verkehrswege zu legen. Der intelligente Ausbau des ÖPNV kann Entlastungen bringen. Ein Fehler wäre dabei eine Privatisierung unserer Straßen. Reine Elektromobilität wird für viele Jahre ein Wunschtraum bleiben, sie muss dennoch dringend ausgebaut werden. Auch Wasserstoff, Power-to-Gas aus Windenergie und Biokraftstoffe der dritten Generation sind interessant. Erste Testflugzeuge fliegen schon mit Biokerosin. Nicht nur Carsharingmodelle in Städten, auch kommunale und gewerbliche Varianten sollten gefördert werden.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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