Fasching früher:Mit Papp-Rakete zum Mond

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Bernd Feiler, Mitarbeiter der Kreisheimatpflege, hat Eindrücke aus dem Fasching 1969 gesammelt. In Neufahrn protestierte man mit einem politischen Umzug gegen Flughafenpläne im Erdinger Moos.

Von Bernd Feiler, Freising

Während sich der Fasching aus der Domstadt Freising weitgehend verabschiedet hat, schwingen zwischen Eching und Rudelzhausen, Moosburg oder Mauern zurzeit wieder die Narren unverdrossen ihr Zepter. Auf eingefleischte Faschingsmuffel mag das bunte Treiben befremdlich wirken, vom organisierten Frohsinn ist da schnell die Rede. Unübersehbar bereichert der Fasching jedoch das kulturelle Leben im Landkreis Freising, die karnevalistischen Aktivitäten stärken das Gemeinschaftsgefühl und verbinden die Generationen. Zahlreiche Gruppierungen richten Maskenbälle, Partys und Faschingsumzüge aus.

Als Gammler verkleidet: Unter anderem so haben die Menschen im Jahr 1969 im Landkreis Fasching gefeiert. (Foto: Landkreis)

Dazu kommen die insgesamt zwölf Karnevalsgesellschaften und Faschingsvereine im Landkreis. Sie organisieren seit Jahrzehnten die Auftritte der Prinzenpaare, trainieren Garden und begeistern mit ihren Showtanzgruppen. Die Narrhalla Heidechia Eching/Neufahrn feiert heuer ihr 60-jähriges Bestehen, auf 50 Jahre können die Narrhallesen in Gammelsdorf und in Zolling zurückblicken. Einen Blick zurück in den Fasching 1969 ermöglicht das Bildarchiv der Kreisheimatpflege. Theo Goerge war damals im Landkreis unterwegs und hielt seine Eindrücke mit der Kamera fest.

Unklarer Trauerfall

Das Nandlstädter Prinzenpaar Gabi I. und Stefan I. grüßte vor 50 Jahren von einem zweispännigen Prunkwagen aus huldvoll die Zuschauer. Mit bürgerlichen Namen hießen die närrischen Herrscher Gabi Kaindl und Stefan Häusl. Dahinter rollte ein Leichenwagen mit einem bekränzten Sarg. Das nur teilweise lesbare Schild auf dem Wagen zeigt einen Trauerfall an. Wer oder was hier ironisch betrauert wird, bleibt leider unklar. Greift der Themenwagen die damalige Schließung der Albrecht KG in Nandlstadt auf, wie die Kreisheimatpflege vermutet?

Auch ein skurriler Prunkwagen fuhr 1969 durch die Straßen. (Foto: Landkreis)

Im Zeichen des Widerstandes

Einen politischen Faschingsumzug gab es 1969 in Neufahrn. Der Protest richtete sich unter anderem gegen den geplanten Großflughafen im Erdinger Moos. Mit einer Rakete aus Pappe wollten die Neufahrner seinerzeit Franz Sackmann vom Wirtschaftsministerium auf den Mond schießen. Als Staatssekretär vertrat er in der Öffentlichkeit das Projekt Flughafen München II im Erdinger Moos. Seine Beliebtheit bei der ortsansässigen Bevölkerung hielt sich dementsprechend in Grenzen. Das Thema Mondfahrt beschäftigte 1969 die Öffentlichkeit aber auch weltweit: Insgesamt viermal starteten in diesem Jahr von Florida aus bemannte Raketen in Richtung Mond. Im Juli 1969 kam es schließlich zur ersten Mondlandung. Franz Sackmann war damals nicht an Bord der Apollo 11, wie wir heute wissen.

Einer Rakete, die einen Politiker zum Mond befördern sollte. (Foto: Landkreis)

Gleich dahinter machten die Neufahrner ihrem Ärger wegen der geplanten Müllverbrennungsanlage Luft. "Städtische Müllverbrennung Neufahrn" ist auf einem mit Unrat beladenen Wagen zu lesen. Von Anfang an war die projektierte Großanlage zur Abfallbeseitigung in Neufahrn auf wenig Gegenliebe gestoßen. Als durchsickerte, dass auch die Freisinger in Neufahrn ihren Müll entsorgen wollten, wehrte man sich gegen eine "städtische" Müllverbrennungsanlage auf Neufahrner Gemeindegebiet. Der Bau der Anlage wurde schließlich gerichtlich von der Betreiberfirma durchgesetzt. Im Jahr 1970 begann die Müllverbrennung in Neufahrn, 30 Jahre später endete sie wieder.

Gammlerhochzeit

Gammler nannte man in den späten 1960er-Jahren abwertend bestimmte Vertreter der jugendlichen Protestbewegung. Sie waren leicht am langen Haupthaar zu erkennen, ihre Garderobe bestand vornehmlich aus Jeans und Parka. Gelegentlich erwerbstätig, diskutierten die als Gammler Diskreditieren intensiv neue politisch-gesellschaftliche Modelle und experimentierten mit verschiedenen Rauschmitteln. Die Gammlerhochzeit des Langenbacher Faschingszuges 1969 zeigte allerdings fröhliche Zirkusclowns, die statt LSD das Bier einer Münchner Großbrauerei konsumierten.

Cowgirl und Squaw

Konzentriert beobachteten drei junge Damen damals das bunte Faschingstreiben. Zu einem bayerischen Cowgirl hatte sich eine Indianersquaw gesellt. Ein Mädchen trug eine ausladende Spitzenhaube, wie sie im späten 18. Jahrhundert voll im Trend lag. Etwas fassungslos betrachtete das ihr anvertraute Kleinkind den Faschingsumzug.

Die Kinder waren damals verkleides als Cowgirls und Squaws. (Foto: Landkreis)

Wer etwas über den Nandlstädter "Trauerfall" weiß oder fotografierte Personen auf den Bildern erkennt, kann sich bei der Heimatpflege im Landratsamt melden (0 81 61/60 01 51). Für hilfreiche Hinweise wird "eine kleine Überraschung" versprochen.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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