Familien in Not:Wege aus der Krise finden

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Wo lebt das Kind, wenn sich ein Paar trennt. Der Streit um das Sorgerecht wird bei Paaren oft erbittert geführt. Auch hier hilft die Familienberatung. (Foto: Hartmut Poestges)

Seit 30 Jahren bietet die Familienberatung Ismaning im Landratsamt Hilfe für Paare oder Schwangere, die nicht mehr weiter wissen. Der Bedarf wächst, im April wird eine neue Außenstelle in Neufahrn eröffnet

Von Katharina Aurich, Freising

Einen Partner zu finden und mit ihm eine Familie zu gründen, das steht bei den meisten ganz oben auf der Wunschliste. Doch dieser Traum endet immer häufiger im Fiasko. Die Zahl der Trennungen, bei denen immer öfter auch Kinder betroffen sind, nehmen zu. Auch die Häufigkeit und Intensität der Auseinandersetzungen steige, berichtet Reinhard Beinhölzl. Seit 30 Jahren leitet er die staatliche Familienberatungsstelle Ismaning, die auch im Freisinger Landratsamt regelmäßig Beratungsstunden anbietet. Außerdem unterstützt der Sozialpädagoge auch Eltern, Paare und Schwangere, die nicht mehr weiter wissen oder sich in einer Krise befinden. Der Bedarf wächst. Im April eröffnet die Familienberatung eine zusätzliche Außenstelle in Neufahrn.

Die Gründe für die steigende Zahl der Ratsuchenden seien vielfältig, vor allem aber stritten sich Paare nach einer Trennung immer heftiger und erbitterter um das Sorgerecht, den Aufenthalt ihrer Kinder und die Finanzen, schildert Beinhölzl. In Patchworkfamilien bringe beispielsweise ein gemeinsames Kind die oft mühsam geschaffene Stabilität wieder ins Wanken. Die Fallzahlen nähmen auch deshalb zu, weil die Bevölkerung im Flughafenumland wachse, dem Einzugsgebiet der "staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, Partner-, Familien-, Sexual- und Lebensberatung". Typische Klienten seien Paare, die sich zwar darin einig seien, sich zu trennen, aber nicht wüssten, wie sie ihre Kinder, die Wohnung und die Finanzen aufteilen sollen. Im Konflikt zwischen Ella und Horst B. ( alle Namen geändert) war es beispielsweise vor allem ein Problem, dass der Noch-Ehemann gleich nach der einvernehmlichen Trennung wieder eine feste Beziehung zu einer neuen Partnerin einging und darauf pochte, dass die sieben und neun Jahre alten Kinder tageweise in der Wohnung der neuen Partnerin leben sollen. Diesen Plan akzeptierte die Ehefrau nicht. "Wir haben ungefähr 20 gemeinsame Beratungsstunden benötigt, um eine für beide halbwegs akzeptable Lösung für die Aufteilung unserer Kinder zu finden", erinnert sich Ella B. heute. Bei Paaren, die die Familienplanung abgeschlossen haben, geht es oftmals um die weitere Verhütung, wie bei Werner und Simone K. Als nach drei Kindern für die Mutter feststand, dass sie mit 43 Jahren keine weiteren mehr bekommen wolle, wünschte sie sich, dass nun ihr Mann die Verhütung übernehme und sich sterilisieren lasse. Das lehnte er jedoch kategorisch ab. "In der Beratungsstelle bei Herrn Beinhölzl konnten wir unsere Anliegen immerhin mit einer dritten Person besprechen, was hilfreich war, auch wenn wir zu keiner Einigung kamen und als Notlösung weiter mit dem unsicheren Kondom verhüten", berichtet Simone K.

In vielen Beratungsgesprächen geht es darum, ob schwangere Frauen ihr Kind bekommen wollen oder nicht. Wie groß die psychischen und existenziellen Nöte sein können, macht der Fall einer Frau deutlich, von dem die stellvertretende Leiterin der Beratungsstelle, die Sozialpädagogin Brigitte Vath, berichtet. Die 42-jährige Mutter zweier schulpflichtiger Kinder arbeitete in Teilzeit als Büroangestellte. In der 19. Schwangerschaftswoche kam sie in die Beratungsstelle. Ihre erste Schwangerschaft hatte mit einer Totgeburt geendet, die zwei weiteren seien sehr problematisch gewesen. Die erneute Schwangerschaft habe die Frau nur ihrem Mann zuliebe akzeptiert, berichtet Brigitte Vath. Sie habe sich vor der Geburt gefürchtet und einer möglichen Behinderung des Kindes. Hinzu gekommen seien Stress im Büro, Depressionen und vor allem auch finanzielle Sorgen, unter anderem wegen einer sehr hohen Miete.

Zusammen mit der Klientin haben man dann eine auf Schwangerschaftsdepressionen spezialisierte Geburtsklinik besichtigt. In Gesprächen sei die Depression thematisiert worden, wann sie komme, wieder gehe, was der betroffenen Frau die Kraft raube und was sie stärke. Außerdem sei der Kontakt zu einem Geburtsvorbereitungskurs und einer Hebamme hergestellt worden sowie eine Haushaltshilfe und finanzielle Hilfen für werdende Mütter bei Stiftungen beantragt worden, zählt Brigitte Vath den Maßnahmenkatalog auf.

All das habe die Klientin sehr entlastet und gesundheitlich gestärkt, die finanzielle Unterstützung hätten ihr Mut gemacht,darauf zu vertrauen, dass auch für drei Kinder genug Geld zum Leben da sei, berichtete Brigitte Vath. Ein Fall also, der sich positiv entwickelt habe.

Die Familienberatung Ismaning ist das ganze Jahr geöffnet. Beratungen finden Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr statt. In Freising finden die Beratungen im Landratsamt donnerstags von 14 bis 16 Uhr statt, vom 9. April an auch montags von 9 bis 11 Uhr in der Erziehungsberatungsstelle Neufahrn. In akuten Krisen sind die Fachkräfte sofort Ansprechbar, 089/96079950/51, www. familienberatung-ismaning.de.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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