Fahranfängerin ausgebremst:"Granatenmäßig falsch gehandelt"

Lesezeit: 2 min

Amtsrichter verurteilt Verkehrsrowdy wegen gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr zu einer hohen Geldstrafe

Von Alexander Kappen, Freising/Hallbergmoos

Für den Verteidiger war es "ein Unfall, wie er regelmäßig Tag für Tag vorkommt". Für Richter Michael Geltl dagegen hat der Angeklagte, als er besagten Unfall im April vergangenen Jahres verursacht hat, "grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt". Er war überzeugt, dass der 33-jährige Münchner eine 19-jährige Fahranfängerin aus Eichenried auf Höhe des Alten Wirts in Goldach auf dem Linksabbiegerstreifen überholt und nach dem Wiedereinscheren ausgebremst hat. Es kam zu einem Auffahrunfall, bei dem die 19-Jährige ein Schleudertrauma erlitt. An ihrem Auto entstand ein Totalschaden in Höhe von 2850 Euro.

Der Freisinger Amtsrichter wertete das als vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässige Körperverletzung. Er verurteilte den 33-Jährigen zu 90 Tagessätzen zu je 70 Euro und 18 Monaten Fahrverbot. Drei davon hatte der Angeklagte bereits vor der Verhandlung verbüßt, weil sein Führerschein schon eingezogen worden war. Der Fall war am Amtsgericht gelandet, weil der Angeklagte den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft nicht akzeptiert hatte. Diesem zufolge hätte er deutlich weniger als die jetzt fälligen 6300 Euro zahlen müssen. So war im Strafbefehl nur ein Tagessatz in Höhe von 40 Euro festgesetzt.

Der Angeklagte räumte ein, die junge Frau auf der Linksabbiegerspur überholt zu haben: "Das war ein Fehler, das darf man nicht." Dass er die 19-Jährige absichtlich ausgebremst habe, treffe jedoch nicht zu. Vielmehr habe die Frau bei seinem Überholvorgang Gas gegeben, so dass er noch einmal auf 60 bis 70 Stundenkilometer habe beschleunigen müssen, um vor dem Ende des Linksabbiegerstreifens wieder einscheren zu können. Das habe er "mit dem nötigen Sicherheitsabstand gemacht", um dann auf die zulässige Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer abzubremsen.

Zuvor war es schon in Nähe des Hallbergmooser S-Bahnhofs zu einem ersten Überholmanöver gekommen, weil die 19-Jährige auch da schon "deutlich unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefahren ist". Die junge Frau hupte ihn daraufhin offenbar an, weshalb er sein Auto "ausrollen ließ". Die 19-jährige fuhr wieder an ihm vorbei, ehe es zur nächsten Überholaktion samt Auffahrunfall kam.

Die Unfallgeschädigte beteuerte, nicht zu langsam gewesen zu sein, sondern "genau mit der zulässigen Geschwindigkeit" unterwegs gewesen zu sein. Nach der ersten Überholaktion habe sie gehupt, "weil da Überholverbot war". Ihre Version deckte sich ohnehin nicht mit der des 33-Jährigen. Danach sei er nämlich mit eingeschaltetem Warnblinker auf der Straße stehen geblieben und habe gewartet. "Dann bin ich wieder an ihm vorbeigefahren", schilderte die junge Frau dem Richter. Der Angeklagte fuhr ihr hinterher und überholte sie abermals: "Und dann ist er ganz knapp vor mir eingeschert und hat eine Vollbremsung hingelegt."

Nach Angaben einer zum Unfallort gerufene Polizistin hat der Angeklagte ihr gegenüber zugegeben, "dass er nach dem ersten Überholvorgang stehen geblieben ist und die Frau zum Anhalten bewegen wollte". Davon, dass diese bei der zweiten Überholaktion beschleunigt habe, "hat er überhaupt nichts gesagt." Die Frage der Staatsanwältin, warum er den Überholvorgang nicht abgebrochen habe, als die Frau angeblichbeschleunigte, konnte der Angeklagte nicht so recht erklären. Dennoch: Für den Verteidiger stand fest, dass außer dem rechtswidrigen Überholen auf der Abbiegespur "überhaupt nichts erwiesen" sei. Womöglich habe die 19-Jährige als Fahranfängerin vor dem Unfall auch Geschwindigkeit und Bremsweg falsch eingeschätzt. Ohne ein technisches Gutachten könne man das aber nicht objektiv beurteilen. Den Rat des Gerichts, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen, nahm er nicht an.

Der Richter war aber überzeugt, dass der Angeklagte "richtig sauer war, weil die Frau vor ihm seiner Meinung nach zu langsam gefahren ist - ich weiß nicht, welche Laus ihm da über die Leber gelaufen ist". Dann habe der 33-Jährige "granatenmäßig falsch gehandelt" und beim Überholen ein Dreifachvergehen begangen: "Er hat auf der Linksabbiegerspur überholt. Er ist unmittelbar vor der Geschädigten wieder rüber gezogen. Und er hat danach gleich abgebremst."

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: