Bairisches Wörterbuch:"Dialekt ist wieder zeitgemäß"

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Fred Hofstetter will die bairische Sprache fördern und sammelt Dialekt-Ausdrücke. Trotzdem kann er auch problemlos hochdeutsch sprechen. (Foto: Marco Einfeldt)

Für den Nandlstädter Fred Hofstetter ist das Bairische eine eigene Sprache. In seinem neuen Buch "Boarisch gredt!" hat der Hobby-Etymologe Ausdrücke und Redewendungen gesammelt.

Interview von Gudrun Regelein, Nandlstadt

Sein Buch "Boarisch gredt!" hat Fred Hofstetter zum Gespräch mit der Freisinger SZ natürlich mitgebracht. Dort finden sich viele bairische Ausdrücke und Redewendungen, die der Hobby-Etymologe gesammelt hat. Ein Beispiel nennt er gleich: "Geh weida: wissen Sie, was das heißt?", fragt er. Und liefert selber gleich die Antwort: "Stell dich nicht so an." Für den Nandlstädter ist das Bairische kein Dialekt sondern eine Sprache, mit der er sich seit einigen Jahren intensiv befasst.

SZ: Herr Hofstetter, besonders stark Bairisch sprechen Sie aber nicht...

Fred Hofstetter: Ich bin flexibel und stelle mich auf mein Gegenüber ein. Ich höre erst einmal, welche Sprache er spricht und entsprechend rede ich dann. In Norddeutschland etwa spreche ich Hochdeutsch.

Und Zuhause in der Familie?

Da wird schon richtig Bairisch gesprochen.

Wieso beschäftigen Sie sich mit der bairischen Sprache?

Meine Frau hat unseren beiden Söhnen vor vielen Jahren zu Weihnachten ein Buch des Freisinger Dialektforschers Ludwig Zehetner geschenkt. Erst als Rentner, so etwa vor zehn Jahren, habe ich es aus dem Buchregal geholt und es hat mir unheimlich gefallen. Ich habe dort viele alte Ausdrücke und Redewendungen aus meiner Kindheit wiederentdeckt. Das war damals der Beginn. Irgendwann habe ich dann Zehetner angerufen und ihm von meiner Idee erzählt, selbst auch ein Buch mit Redewendungen herauszugeben. Er fand das gut und wurde für mich zu einer Art Lehrer. Er hat auch mein Buch Korrektur gelesen.

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:Einsatz für den Dialekt

Fred Hofstetter befasst sich speziell mit der Mundart der Hallertau

Früher war es ein Stigma, Dialekt zu sprechen - man galt als ungebildet. Ist die Mundart wieder salonfähig geworden?

Da hat sich kolossal viel verändert - Dialekt ist wieder zeitgemäß, das ist fast ein Trend. In den vergangenen 20 Jahren hat sich sehr viel getan. Aber es gibt auch heute noch viele Gegenbeispiele: Wie die Lehrerin in Nandlstadt, die einem Schüler ins Zeugnis schrieb, er solle doch bitte die bairische Sprache im Unterricht meiden. Der Rektor hat dann aber glücklicherweise angeordnet, diese Anmerkung zu streichen.

Aber es gibt auch Bemühungen um Dialekt an Bayerns Schulen. Eine Realschule in Tegernsee beispielsweise bietet "Dahoam" als Wahlpflichtfach an. Dort werden Schülern bayerische Literatur, Bräuche und Musik vermittelt.

Ja, und das ist sehr erfreulich. Das bayerische Kultusministerium hat übrigens sogar Handreichungen versandt, in denen empfohlen wird, die bairische Sprache an den Schulen zu fördern. Es gibt dafür auch schon viele verschiedene Angebote. In München unterrichtet beispielsweise eine Grundschullehrerin in ihrer Freizeit Bairisch. Der Unterricht ist nicht nur für deutsche, sondern auch für ausländische und zugezogene Kinder gedacht. Die Kinder und auch die Eltern sind davon total begeistert. Der Förderverein Bairische Sprache dagegen hat das Wörter-Ratespiel "Woaßt as?" an alle Grundschulen verschickt und hat eine Unterrichtsstunde Bairisch mit Musik konzipiert, unter anderem mit Liedern der Biermösl Blosn. Das kommt bei den Schülern auch unheimlich gut an.

Das Hochdeutsch leidet nicht durch die Mundart?

Nein, ganz im Gegenteil. Kinder, die Zuhause auch Bairisch sprechen, in der Schule aber Hochdeutsch, wachsen quasi zweisprachig auf. Der Wechsel von der einen zu der anderen Sprache ist von großem Vorteil bei dem Erlernen von Fremdsprachen. Das ist übrigens sogar wissenschaftlich erwiesen.

Können Sie diese Renaissance des Bairischen erklären?

Vielleicht ist es eine Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Heimat, nach einem Gefühl der Zugehörigkeit. Das Bairische ist sicher eine Bereicherung. Aber es bedeutet nicht, dass nun eine Tümelei betrieben werden muss. Nicht jeder, der Bairisch spricht, muss deswegen als Abiturient bei der Abschlussfeier in Tracht erscheinen und sich damit zum bayerischen Brauchtum bekennen oder beim Trachtenverein Mitglied sein.

Das heißt?

Dass es auch Auswüchse gibt. "Mia san mia", meine ich damit. Man kann zum Bayerntum stehen, aber darf sich deshalb nicht abgrenzen.

Sie haben nicht nur ein Buch geschrieben, sondern halten Vorträge, organisieren bayerische Abende und haben vor fünf Jahren sogar die gefeierte Komödie "Mei fähr Lady" des Turmtheaters Regensburg nach Nandlstadt geholt. Wie kam das?

Der Regisseur ist ein Freund von Zehetner, der in dem Stück selber eine Rolle spielt. So kam die Verbindung zustande. Ich hatte "Mei fähr Lady" in Regensburg gesehen und war begeistert. Danach habe ich gefragt, ob es möglich wäre, eine Szene in einen meiner bayerischen Abende zu integrieren. Dann hieß es, entweder das ganze Stück, oder gar nichts. Ich habe die Aufführung dann gemeinsam mit der VHS organisiert und es war eine Riesen-Aufgabe. Es war dann aber auch ein Riesen-Erfolg.

Und Ihr nächstes Projekt?

Ich möchte ein Handbuch kreieren. Einen Rundumschlag mit zeitkritischen Beiträgen, bairischen Redewendungen und ähnlichen Dingen.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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