Etat unter Dach und Fach:Kuscheln im Korsett

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Es gibt viel Lob für Freisings Haushalt - und einige Mahnungen

Von Kerstin Vogel, Freising

Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher freute sich am Tag darauf immer noch ein bisschen. Einen fast einstimmig angenommenen Haushalt habe er in all seinen Jahren in der Stadtpolitik nicht erlebt, sagte er. Das zeige eine enorme Zustimmung zu den beschlossenen Projekten und Maßnahmen. Tatsächlich hatte am Donnerstag einzig Grünen-Stadtrat Manfred Drobny noch gegen das insgesamt 170 Millionen Euro schwere Zahlenwerk gestimmt - wie immer wohl wegen der Summen, die sich darin für die umstrittene Westtangente finden.

Alle anderen Gegner der Umgehungsstraße nehmen deren Bau mittlerweile als nicht mehr zu verhindern hin - und manche von ihnen, wie Grünen-Fraktionssprecher Sebastian Habermeyer, feierten den Etat für 2017 am Donnerstagabend nahezu euphorisch. "Wir können stolz darauf sein, dass wir uns manchmal etwas trauen", sagte er mit Blick auf die zahlreichen Projekte, deren Umsetzung der aktuelle Stadtrat in Angriff genommen hat: "Zumindest passiert etwas in der Stadt. Wir sind dynamisch und erfolgreich und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass uns das Geld nicht ausgeht."

Das hatte der Oberbürgermeister zuvor in seiner Haushaltsrede ein wenig anders beurteilt. Zwar betonte er die enorme Finanzkraft der Stadt und listete zufrieden auf, was man mit der Sanierung des Asamkomplexes, der Westtangente und der Umsetzung der Innenstadtkonzeption samt Moosachöffnung für Großprojekte umsetze. Er gab aber auch zu bedenken, dass man nur eine viel zu geringe Zuführung in den Vermögenshaushalt erwirtschaften könne und schon jetzt absehbar sei, dass der Schuldenstand der Stadt von 2019 an wieder in Richtung 100 Millionen wächst. "Wir müssen die Ausgaben weiter kritisch hinterfragen", warnte der Oberbürgermeister, "sowohl bei den freiwilligen Leistungen als auch bei den Standards, die wir setzen". Gleichwohl könne der Stadtrat stolz sein, man habe gemeinsam einiges auf den Weg gebracht - "und das Geld ist ja nicht weg".

Ähnlich sah es Finanzreferent Ulrich Vogl (ÖDP). Es würden Pläne umgesetzt, welche die Stadt lange vor sich hergeschoben habe. "Wir müssen nur hoffen, dass die Einnahmesituation so gut bleibt", so Vogl. Heidi Kammler mahnte für die SPD, dass Freising auch "eine soziale Stadt" bleiben müsse. "Wir müssen für bezahlbaren Wohnraum sorgen, wenn wir weiterhin sozialen Frieden haben wollen." Reinhard Fiedler (FSM) verteidigte die enormen Investitionen der Stadt ebenfalls. Das seien ja keine Ausgaben, "die irgendwo verpuffen", sondern "nachhaltige Maßnahmen, damit die Stadt noch mehr lebens- und liebenswert wird."

Nachdem auch FW-Sprecher Richard Grimm erklärt hatte, dass es beeindruckend sei, was man in den vergangenen Jahren alles erreicht habe, war es an Peter Geiger (CSU), den "finanzpolitischen Kuschelkurs" dann doch noch einmal zu verlassen. Er erinnerte an die Absage des Logistikgroßhändlers Transgourmet, dessen geplante Ansiedlung in Lerchenfeld der Stadt viel Geld gebracht hätte. "Das tut schon weh", so Geiger - man müsse in Freising wohl doch eher von einem finanziellen Korsett reden, als von finanziellem Spielraum.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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