Es zwickt überall im Landkreis:In der Pflicht

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Die Stadt Freising,nicht die Kirche, zahlt derzeit den nötigen Zuschuss für die Lerchenfelder Pfarrbücherei. (Foto: Lukas Barth)

Das Milliardenvermögen des Erzbistums München und Freising weckt Begehrlichkeiten. Kritiker fordern, die Kirche müsse mehr für soziale Projekte und klamme Pfarreien tun

Von Gudrun Regelein und Clara Lipkowski, Freising

Die Offenlegung des Vermögens des Erzbistums München und Freising sorgt für Aufsehen. Mit 6,3 Milliarden Euro zählt die Diözese zu einer der reichsten. Kritiker im Landkreis fordern deshalb vom Bistum mehr Engagement: Projekte mit finanziellen Engpässen gebe es zuhauf. Rita Schwaiger, die frühere Sozialreferentin Freisings, postete bereits am Montag auf Facebook: "Heute erfuhr man aus der Presse, dass die Diözese München und Freising über ein Vermögen von über sechs Milliarden verfügt. Da muss ich mich schon wundern, warum die dazugehörige Caritas beim Kreis und in der Stadt betteln muss, dass Rentabel weiterhin erhalten bleiben kann?"

Natürlich plädiert auch Rita Schwaiger für eine differenzierte Betrachtung. Die sechs Milliarden seien kein Barvermögen, sagt sie der SZ. "Aber dennoch würde ich mir wünschen, dass die sicherlich nicht arme Erzdiözese ihre Prioritäten anders setzt und in erster Linie Projekte an Menschen, wie Rentabel, unterstützt, statt in den Erhalt von Gebäuden Millionen zu stecken." Angesichts des Reichtums fragt sich Schwaiger, warum die Caritas seit Jahren beim Kreis oder der Stadt um Zuschüsse bitten müsse, damit der Fortbestand des Gebrauchtwarenladens Rentabel mitsamt seinem Beschäftigungs- und Qualifizierungsbetriebs gesichert werden kann. "Dass ein Wohlfahrtsverband, dessen Aufgabe es ist, bedürftigen Menschen zu helfen - und der damit einen Auftrag der Kirche erfüllt -, knapp gehalten wird, kann ich nicht verstehen", kritisiert die ehemalige Sozialreferentin. Auch im eigentlich wohlhabenden Landkreis Freising gebe es viele Menschen, die am Rande der Gesellschaft stünden. Schwaiger fordert: Denen muss geholfen werden.

Prinzipiell würden Defizite des Caritas-Verbandes durch Gelder aus dem Ordinariat gedeckt - aber eben nur anteilig, erklärt hingegen Caritas-Kreisgeschäftsführerin Carolin Dümer. Darüber hinaus stelle die Erzdiözese Gelder, beispielsweise seit 2015 jährlich fünf Millionen Euro für den Flüchtlingsbereich, zur Verfügung. Aus diesem Topf werde zum Beispiel die Stelle der Ehrenamtskoordinatorin der Caritas Freising finanziert.

Doch der Kreisvorsitzende der SPD, Peter Warlimont, sieht die Kirche ebenfalls in der Verantwortung. "Wer über so ein großes finanzielles Ausmaß verfügt, sollte sich überlegen, Gelder, die verfügbar sind, anders frei zu machen. Und sich dafür gegebenenfalls intern umstrukturieren." Warlimont sieht die Diözese bei größeren Projekten - wie Rentabel - sehr wohl in der Pflicht. Gerade Rentabel als soziales Projekt, das Langzeitarbeitslose oder psychisch kranke Menschen wieder an den Arbeitsmarkt heranführt, sei für ihn eine kirchliche Aufgabe, sagt der SPD-Politiker. Für die Lerchenfelder Pfarrbücherei, die 2015 kurz vor dem Aus stand, hatte sich Warlimont ebenfalls stark gemacht. Damals forderte er, dass die Kirche die Pfarrbücherei unterstützen solle. "Das ist ein Stück weit ja auch Ehrensache", findet der Kreisvorsitzende noch heute. Schließlich handele es sich bei der Finanzierungshilfe der Bücherei um lediglich 1500 Euro. Für die Kirche sei das kein nennenswerter Betrag. Den Zuschuss zahlt momentan aber nicht die Kirche, sondern die Stadt.

Einige Pfarreien, die dem Bistum unterstehen, haben Geldprobleme - die in St. Georg ist sogar verschuldet. "Durch die Sanierung des St. Georgs Saals 2010 sind wir in die Schulden gerutscht", erklärt Stadtpfarrer Peter Lederer. Für den drei Millionen teuren Umbau hatte die Pfarrei selbst 1,4 Millionen Euro zahlen müssen. Die Schulden lägen derzeit bei etwa einer Million Euro. "Finanzielle Probleme haben wir deswegen aber nicht, da mit Einnahmen zu rechnen ist. Mit der Miete, die wir von unserem Grundstück an der Rotkreuzstraße erwarten, kommen wir wieder aus den Schulden raus", meint der Pfarrer. Trotz der Zuversicht auf baldigen Schuldenausgleich wurde die Dachsanierung von St. Georg aber vorerst verschoben.

In der Pfarrei St. Lantpert sind keine großen Rücklagen vorhanden. "Die Pfarrei ist auf Haushaltszuschüsse angewiesen", bestätigt Pfarrer Axel Windecker. Bei der geplanten Sanierung oder dem Neubau des Pfarrheims benötige man eine großzügige finanzielle Hilfe. Trotzdem komme man "ordentlich über die Runden". Allerdings wünscht sich Windecker mehr Geld auf seinem Caritas-Konto. Damit will er bedürftigen Menschen in Lerchenfeld helfen. Im sozialen Brennpunkt der Stadt gebe es davon viele, sagt der Pfarrer.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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