Es  geht weiter:Dem Frust zum Trotz

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Nachdem die letzten Flüchtlinge das Containerdorf an der Wippenhauser Straße verlassen haben, hat sich auch der Freisinger Helferkreis aufgelöst. Viele der Ehrenamtlichen aber wollen sich weiterhin engagieren

Von Gudrun Regelein und Katharina Horban, Freising

Das Camp an der Wippenhauser Straße ist Geschichte: Die letzten Bewohner haben die blauen Wohncontainer, die dort vor drei Jahren neben dem Camerloher-Gymnasium aufgebaut worden waren, in der vergangenen Woche verlassen. "Die Bewohner wurden bereits seit Längerem sukzessive auf andere dezentrale Unterkünfte des Landkreises verteilt", berichtet Landratsamtssprecher Robert Stangl. Die Containeranlage werde nun endgültig abgebaut, dort wird die schon lange geplante neue Berufsschule entstehen. Auch der Helferkreis hat sich aufgelöst, wobei sich viele Ehrenamtliche weiterhin in der Gemeinschaftsunterkunft an der Katharina-Mair-Straße engagieren wollen. Die etwa 150 Bewohner dort sind zu großen Teilen ehemalige Bewohner des Containerdorfes.

Der Helferkreis mit über 100 Ehrenamtlichen sei mit einer großen Motivation gestartet, berichtet Luise Eidel. Sie hat gemeinsam mit anderen Aktiven den Kreis aufgebaut, der unter anderem Deutschkurse, eine Familienbetreuung, aber auch Nachhilfe für Schüler und eine Fahrradwerkstatt angeboten hat. Ende 2016 aber habe sich die Situation mit der politischen Kehrtwende in Bayern schlagartig verändert: Nicht mehr die Integration und Förderung, sondern die Isolierung und Abschreckung der Flüchtlinge sei angestrebt worden, sagt Eidel. So seien beispielsweise Arbeits- und Ausbildungserlaubnisse nur noch Flüchtlingen mit Anerkennung oder mit guter Bleibeprognose erteilt worden.

Die Folge sei Frust gewesen: Bei den Flüchtlingen, die wegen fehlender Zukunftsperspektiven teilweise nicht mehr die Deutschkurse besuchten, aber auch bei den Helfern. Trotzdem machte man weiter: "Die Anwesenheit der vielen Ehrenamtlichen in der Unterkunft war um so wichtiger, weil Kontakt gehalten werden musste zu den vielen Menschen, die ohne Perspektive, ohne Arbeit, ohne Beschäftigung, ohne Kontakt zur Bevölkerung im Camp lebten", beschreibt Luise Eidel.

Sie wird, wie viele andere aus dem Helferkreis auch, weiterhin Flüchtlinge betreuen. "Menschen kommen aus guten Gründen zu uns und brauchen Hilfe. Diese Aufgabe müssen wir als Gesellschaft annehmen."

Auch die Camerloher-Lehrerinnen Gerti Pöppel und Elke Degelmann haben sich bei einem Offenen Spielenachmittag mit Hausaufgabenhilfe um die Kinder aus dem benachbarten Camp gekümmert. "Der Fortschritt war der Wahnsinn. Am Ende haben wir uns mit den Kindern sogar über die Champions League oder das Schulsystem unterhalten", erzählen sie. Anfangs hätten sie mit ihnen nur bruchstückhaft reden können, bestimmte Wörter auch mal aufgemalt. Doch die Treffen waren nicht immer unbeschwert: "Es war erschreckend, dass manche Kinder auf einmal nicht mehr da waren", sind sich beide einig. Zudem waren die lückenhaften Informationen über das Fortbestehen des Camps für Pöppel und Degelmann ein Problem, oft hätten sie wichtige Neuigkeiten erst aus der Presse erfahren: "Da konnten wir nicht wirklich pädagogisch arbeiten."

Ohne das große Engagement der Helferinnen und Helfer wäre es für die Bewohner, aber auch für die Nachbarschaft und die hauptamtlichen Betreuer deutlich schwieriger gewesen, betont der Landratsamtssprecher. Bei der Eröffnung der Unterkunft im November 2015 nämlich habe es bei den Anliegern und unter den Schülereltern einige Befürchtungen gegeben, berichtet Stangl. "Die haben sich im Nachhinein erfreulicherweise als weitgehend unbegründet herausgestellt." Das Mit- und Nebeneinander habe gut funktioniert - trotz der großen Zahl der Flüchtlinge in dem Camp. In der Zeit, als der Landkreis Freising wöchentlich bis zu 80 Personen zusätzlich unterbringen musste, haben dort bis zu 550 Menschen gewohnt.

© SZ vom 01.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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