Erregte Gemüter:Klagen über Biber-Schäden nehmen zu

Lesezeit: 2 min

Die Gemeinde Haag muss auf eigene Kosten einen Feldweg herrichten lassen, Landwirte ärgern sich über gefällte Bäume. Naturschützer heben dagegen den positiven Einfluss des Nagers auf die Artenvielfalt hervor

Von Katharina Aurich, Freising

Europas größtes Nagetier, der Biber, erregt auch im Landkreis weiter die Gemüter: Während Biologen sagen, die Bestände seien stabil, klagen Landwirte und Kommunen über zunehmende Schäden. Die Gemeinde Haag beispielsweise lässt gerade einen beschädigten Feldweg auf eigene Kosten herrichten. Wie viele Biber tatsächlich im Landkreis leben, weiß niemand so genau. Die Untere Naturschutzbehörde schätzt ihre Zahl auf 600 bis 800 Exemplare. Acht Tiere wurden im vergangenen Jahr mit Ausnahmegenehmigungen erlegt, wie Eva Dörpinghaus, Pressesprecherin im Landratsamt mitteilt.

Vor 40 Jahren pilgerten Familien sonntags noch zur Isar, um eines der seltenen, imposanten Biberbauwerke zu bestaunen, erinnert sich Haags Bürgermeister Anton Geier. Wenn er jetzt an der Amper beim Angeln sitzt, schwimme mindestens einer der Nager mit dem typischen breiten Schwanz vorbei - "häufiger als ein großer Fisch". Die Gemeinde ist laut Geier derzeit dabei, einen Feldweg im Ampertal auf einer Länge von 50 Meter wieder in Stand zu setzen und die Tiere mit Maschendraht davon abzuhalten, den Weg wieder mit Gängen zu unterhöhlen. Die Kosten zur Beseitigung der Schäden müsse die Gemeinde selbst tragen. "Mittlerweile leben in den Amperauen zwischen dem Fluss und dem Amperkanal viel mehr Biber, als wir uns vorstellen können", davon ist Geier überzeugt. Dem widerspricht Manfred Drobny, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz in Freising. "Es gibt keine belastbaren Zählungen, keiner weiß, ob die Biberpopulationen angewachsen sind." Der Eindruck, es würden immer mehr, entstehe dadurch, dass die Jungtiere im Frühjahr an Gräben und Tümpeln nach geeigneten Orten für eine Familiengründung suchen, so Drobny. Der Biologe weist darauf hin, dass die monogam lebenden Biber einen sehr positiven Einfluss auf die Artenvielfalt hätten. Dort, wo ein Bau mit einer Biberfamilie steht, lebten wesentlich mehr Fische und auch die Anzahl der Insekten und Amphibien nehme zu.

Für Schäden, die Biber in der Land- und Forstwirtschaft, in der gewerblichen Fischerei und im Erwerbsgartenbau anrichten, entschädige die Betroffenen der "Biber-Ausgleichsfonds" des Umweltministeriums, so Dörpinghaus. Die jährliche Summe schwanke im Landkreis zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Eine Zählung der Tiere, ein sogenanntes Biberkataster, fordert seit längerem der Landtagsabgeordnete Benno Zierer (Freie Wähler). Er ist auf Biber nicht gut zu sprechen, aber auch nicht auf die Behörden. Das Thema sei sehr emotional besetzt, man habe das Problem zwar kommen sehen, aber viel zu spät erkannt, wie stark die Tiere sich vermehren, da sie keine natürlichen Feinde hätten und auf den Äckern einen reich gedeckten Tisch fänden, so Zierer. Vor allem Bäume werden umgenagt, "je jünger, umso schmackhafter". Er selbst habe auf seinem Grundstück fünf Buchen verloren, die er einst neben einem kleinen Graben, in dem jetzt ein Biber lebt, pflanzte. Zierer plädiert dafür, die Tiere zu jagen, um die Bestände zu dezimieren. Die Verantwortlichen hätten sich immer wieder vor konkreten Maßnahmen gedrückt und sich weg geduckt. Sein Antrag auf eine Biberzählung sei vom Kreisausschuss jedoch abgelehnt worden.

Nach wie vor seien Zugriffsmaßnahmen nur dann möglich, wenn alle anderen Mittel wie Elektrozäune oder eine Vergrämung nicht zum Ziel führten, betont Dörpinghaus. Außerdem müssten erhebliche wirtschaftliche Schäden vorliegen oder die öffentliche Sicherheit gefährdet sein, dies prüfe die Untere Naturschutzbehörde. Auch unter Jägern polarisiere das Nagetier, berichtet Walter Bott, Vorsitzender des Freisinger Jagdschutz- und Jägervereins. Ein Teil habe nichts dagegen, einen Biber zu erlegen, andere dagegen wollten damit nichts zu tun haben, denn der Biber falle nicht unter das Jagdrecht, sondern sei eigentlich streng geschützt, sagt Bott. Mancher Jäger fürchte auch rechtliche Konsequenzen oder den Zorn der Naturschützer. Sie seien nicht verpflichtet, einen Biber zu erlegen, zuständig sei das Landratsamt. Wer einen Biber erschossen hat, dürfe ihn nicht verkaufen, aber behalten. Er habe gehört, dass das Fleisch gut schmecken soll, so Bott.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: