Einkommensschwache Familien in Freising:Orientierung für Schlüsselkinder

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Im Umfeld des Lerchenfelder Jugendzentrums "Tollhaus" können viele Eltern ihrem Nachwuchs manchmal noch nicht einmal ein warmes Mittagessen bieten. Das ist hier nicht die einzige Herausforderung der Stadtjugendpflege

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Stadtjugendpflege hat dem Kulturausschuss des Stadtrats am Dienstag die Fortschreibung ihres im Jahr 2000 erstellten Gesamtkonzeptes vorgelegt. Ausdrücklich ist darin nun festgehalten, dass die neuen Interkulturellen Leitlinien der Stadt umgesetzt werden sollen. Außerdem wird die in Zukunft notwendige Zusammenarbeit mit den Schulen beschrieben - und: Die Stadtjugendpflege skizziert in dem Konzept ihren Wunsch nach einem neuen Freizeitgelände zwischen dem Schulsportplatz und der Schwabenau.

Aktuell betreiben die Stadtjugendpfleger in Lerchenfeld das "Tollhaus" an der Isarstraße. Das Umfeld des 2002 eröffneten Jugendzentrums ist geprägt von Jugendlichen, die in einkommensschwachen Familien und beengten Wohnverhältnissen aufwachsen. Bis zu 71 Prozent der Kinder hier haben einen Migrationshintergrund, viele sind aufgrund der Berufstätigkeit der Eltern "Schlüsselkinder" oder müssen kleinere Geschwister betreuen. Viele Eltern in diesem Sozialraum seien nicht dazu in der Lage, ihren Kindern ein warmes Mittagessen zu bieten, heißt es in dem Konzept der Stadtjugendpflege weiter. Unter anderem deshalb gebe es im "Tollhaus" auch Kleinigkeiten zu essen, schilderte Stadtjugendpfleger Hartmut Fischer im Ausschuss.

Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gebe es im dicht bebauten Teil Lerchenfelds sehr wenig Freiräume und -flächen,deren Nutzung durch Jugendliche zudem sehr häufig zu Konflikten mit den Anwohnern führe. Wörtlich heißt es in dem Konzept der Jugendpfleger kritisch: "Anstatt den Dialog zwischen Anliegern und Jugendlichen zu fördern, werden ehemals kinder- und jugendfreundliche Treffpunkte durch Entfernen von Tischtennisplatten, Basketballkörben, Bänken und Hütten derart unfreundlich gestaltet, dass die Kids häufig nur noch orientierungslosumherziehen".

Hier ein bisschen Orientierung zu bieten, dazu trägt die Stadtjugendpflege unter anderem mit ihren Streetworkern, aber auch mit den Freizeitangeboten im "Tollhaus" bei. Für sinnvoll würden es die Experten nun halten, die bisherige landwirtschaftliche Fläche entlang der Isarstraße zwischen Schulsportplatz und Schwabenau "in ein Freizeitgelände umzuwandeln." Dort könnte nach Auffassung der Jugendpfleger ein Treffpunkt für unterschiedliche Jugend-Kulturen und Generationen entstehen. Eine BMX-Fläche mit Rampen, Feuerstellen, Open Air-Fitnessgeräte oder überdachte Sitzgelegenheiten schweben den Sozialpädagogen da beispielsweise vor. Durch den neuen Isarsteg Richtung Luitpoldanlage gäbe es sogar eine direkte Verbindung zwischen dem neuen Freizeitgelände und dem Skate- und Soccer-Platz. Dass die Stadt Freising durchaus Überlegungen in diese Richtung anstellt, bestätigte Karlheinz Wimmer von der Stadtverwaltung dem Kulturausschuss. In einer Studie des Planungsamts untersuche man gerade mögliche Standorte für Freizeiteinrichtungen, sagte er: "Da ist Lerchenfeld ein ganz zentraler Punkt."

Änderungen erwartet die Stadtjugendpflege in einigen ihrer Arbeitsbereiche durch die Ausdehnung der Ganztagsschulen. Hier müssten Schulen und Jugendarbeit künftig "auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeiten", so der Wunsch der Stadtjugendpfleger. Einschnitte erwartet man beispielsweise bei den Nachmittagsöffnungszeiten in den beiden Jugendzentren und beim Einsatz des Spielbusses. Denn den brauche man nachmittags nicht mehr auf die Spielplätze zu schicken, wo keine Kinder mehr sind, so Fischer: "Das wäre sinnlos."

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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