Einflüsse der Netzkultur auf die Kunst:"#Gefällt_mir"

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"Gefällt mir" oder "gefällt mir nicht". Die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins "Freisinger Mohr" in den Räumen im Alten Gefängnis soll zu kontroversen Diskussionen anregen. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Kunstverein "Freisinger Mohr" präsentiert noch bis zum 28. Mai seine Frühjahrsausstellung im Alten Gefängnis

Von Lea Wahode, Freising

Unter dem Motto "#Gefällt_mir" findet noch bis zum 28. Mai die Frühjahrsausstellung des Kunstvereins "Freisinger Mohr" im Alten Gefängnis statt. Dabei präsentieren die 38 austellenden Künstler gegenständliche sowie abstrakte Werke und nutzen von der Acrylmalerei über Drucke, Fotos und Collage bis hin zur Keramik verschiedenste Techniken und Materialien. Durch die Fülle an Stilen soll eines deutlich werden: Kunst ist subjektiv und wird mehr oder weniger unbewusst in zwei Kategorien unterteilt: "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht". Die Ausstellung will Kontroversen zwischen begeisterter Zustimmung und absoluter Ablehnung schaffen. Auch junge Künstler anzuziehen, die sich moderner Ausdrucksformen wie Graffiti oder Comiczeichnung bedienen, ist dem Kunstverein nach eigener Angabe leider nicht gelungen. In ihrer Laudatio bei der Vernissage gestand Ingrid Künne, dass viele ältere Mitgliedern über den Hashtag im Motto "#Gefällt_mir" gestolpert seien. Die meisten Künstler hätten das Thema auf "gefällt mir" reduziert und ihren eigenen Vorlieben und Interessen Ausdruck verliehen.

Dennoch soll auch die Beziehung zwischen Kunst und Internet untersucht werden. So stieß Künnes Frage, welche Auswirkungen die Netzkultur auf die Kunst habe, vor allem bei Älteren auf Bedenken. Jeder könne sich heute selbst zum Kunstwerk stilisieren, sagte Ingrid Künne. Statt eines Massenkonsums habe man es mit Massenproduktion zu tun. Dazu zitierte sie den berühmten Satz von Joseph Beuys: "Jeder Mensch ist ein Künstler". Im Internet finde eine Verschmelzung von Kunst und Leben statt, die schon in den 60er Jahren gefordert wurde. Intimität und Öffentlichkeit, Selbstverwirklichung und Arbeit verfließen miteinander, erklärte Künne.

Außerdem sei der digitale Künstler nicht mehr auf die Realität angewiesen, er könne sich seine Ideen einfach aus dem Netz holen. "Urheberrecht, geistiges Eigentum - das war vorgestern," sagte sie und verwies dabei auf Richard Prince, der vergrößerte Instagram-Bilder auf Leinwände druckte und diese für 90 000 Euro verkaufte. Heute kopiere man, statt selbst zu schaffen, so Künne. In der Frühjahrsausstellung dominiert die selbstgemachte, analoge Kunst. Auch in der Fachwelt sei seit einiger Zeit von einer "Netzwerk-Müdigkeit" die Rede, erklärte Künne. Viele jüngere Künstler kehren demnach wieder in reale Räume zurück und entdecken die Galerien-Welt neu, anstatt in der globalen Netzgemeinde zu diskutieren. Die Ausstellung findet im Alten Gefängnis statt und ist samstags, sonntags und an Christi Himmelfahrt von 11 bis 18 Uhr sowie donnerstags und freitags von 16 bis 20 Uhr geöffnet.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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