Eine Stipendiatin aus Nepal Freising:"Man entwickelt sich weiter"

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"Es ist schön, in ein System zu kommen, das so geordnet ist": Sonami Adhikari hat sich in Freising gut eingelebt. (Foto: Marco Einfeldt)

Die 16-jährige Sonami Adhikari kam vor zweieinhalb Jahren nach Deutschland und wird in zwei Jahren hier ihr Abitur machen. Trotz bester Integration will sie später zurück nach Nepal - als Ärztin, um dort zu helfen

Von Maika Schmitt, Freising

Nur an einem leichten Akzent hört man noch, dass Deutsch nicht die Muttersprache von Sonami Adhikari ist. Erst vor zweieinhalb Jahren kam die 16-Jährige aus Nepal nach Deutschland, inzwischen geht sie in die zehnte Klasse des Camerloher-Gymnasiums und ist außerdem Stipendiatin von "Talent im Land - Bayern". Das Förderprogramm unterstützt Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Familien und mit Migrationshintergrund. Voraussetzung für die Aufnahme in das Programm sind Begabung und Engagement. "Es war unglaublich, als ich erfahren habe, dass ich das Stipendium bekomme", erzählt Sonami "es ist eine große Sache und die Angebote sind einfach toll".

Damit ist Sonami eine von 50 Stipendiaten, die monatlich mit 100 Euro gefördert werden. Zudem gibt es ein umfassendes Weiterbildungsprogramm: Seminare, Workshops und Studienfahrten und ein interkulturelles Training, das Sonami vor kurzem besucht hat. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterhielten sich über kulturelle Unterschiede und wie man mit ihnen umgehen kann. Für die Stipendiaten mit Migrationshintergrund ein bekanntes Thema. Auch Sonami musste sich erst an die deutsche Kultur gewöhnen: "Das Essen ist zum Beispiel ganz anders. Oder Pünktlichkeit, was in Deutschland ja sehr wichtig ist. Aber es war auch schön, in ein System zu kommen, das so geordnet ist".

Mit den anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten kann sich die 16-Jährige über solche Sachen austauschen, da viele ähnliche Erfahrungen gemacht haben. "Bei dem Stipendium habe ich mich sehr darauf gefreut, neue tolle Leute kennenzulernen. Das habe ich auch schon, wir treffen uns manchmal sogar in den Ferien."

Auch die deutsche Sprache ist dann immer wieder Thema unter den Jugendlichen. Die war auch für Sonami anfangs eine große Hürde. Kein Wort Deutsch habe sie am ersten Tag in der Realschule sprechen können. "Ich habe aber sehr viel Unterstützung bekommen, vor allem von den Lehrerinnen, die mir Deutsch beigebracht haben", erzählt die Schülerin. Nach drei Monaten konnte sie ans Gymnasium wechseln, wo sie in gut zwei Jahren ihr Abitur machen wird. Inzwischen ist die Sprache kein Problem mehr für sie, ganz im Gegenteil: Ihr Motivationsschreiben für das Stipendium habe ihr gar keine Schwierigkeiten bereitet und auch als Jugendreporterin ist Sonami inzwischen manchmal für die Süddeutsche Zeitung unterwegs.

Ihre Eltern kamen bereits 2006 nach Deutschland, ihr Vater studierte und schrieb anschließend seine Doktorarbeit. Sonamis kleine Schwester wurde in Deutschland geboren, während sie noch in Nepal auf ein Internat ging. In der achten Klasse holten ihre Eltern sie dann zu sich nach Deutschland. Am schwersten sei es für sie gewesen, ihre Freunde und weitere Familienmitglieder zurückzulassen. "Inzwischen habe ich mich in Deutschland aber sehr gut eingelebt, man entwickelt sich ja weiter", erklärt sie pragmatisch.

Nepal ist sie jedoch weiterhin verbunden. Nach dem schweren Erdbeben im April 2015 organisierte sie mit ihren Klassenkameraden einen Benefizabend für Schüler in Nepal. "Es gab Vorträge, nepalesisches Essen, wir haben getanzt und dann mit meinem Cousin geskypt. So sind fast 7000 Euro zusammengekommen." Mit dem Geld konnten Schultaschen gekauft werden, aber auch Hefte und Stifte für Schüler, die durch das Erdbeben alles verloren hatten. "Die Schüler hatten keine Schule mehr und mussten draußen in der Hitze sitzen und lernen." Sonami und ihr Vater flogen nach Nepal, um die Materialen persönlich zu übergeben.

Trotzdem findet ihr Leben nun erst einmal in Deutschland statt, dank dem Stipendium werden auch die Jahre bis zum Abitur schnell vergehen. "Am meisten freue ich mich auf die Studienfahrten, die man in der Oberstufe machen kann", verrät die Schülerin "das ist dann eine Woche mit Workshops und anderen Stipendiaten". Nach ihrem Abitur möchte Sonami Medizin studieren. In Deutschland will sie nach dem Abschluss allerdings nicht bleiben, das steht für sie bereits fest: "Es ist nicht so, dass Deutschland keine Ärzte braucht, aber in Nepal ist der Bedarf viel größer." Die 16-Jährige zeigt, wie gelungene Integration funktioniert. Trotz der fremden Sprache und der neuen Kultur hat sie es innerhalb kürzester Zeit geschafft, sich in Deutschland einzuleben. Solche Vorbilder sollen die Stipendiaten von "Talent im Land" sein.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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