Ein Projekt, das verbindet:Kunst braucht nur wenig Worte

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Junge Flüchtlinge und Freisinger Jugendliche konstruieren eine Brücke aus Ytong-Steinen. Wenn es mit der sprachlichen Verständigung nicht klappt, helfen Zeichnungen oder Farbkompositionen weiter

Von Katharina Aurich, Freising

Eine Brücke aus bunt bemalten Ytong-Steinen spannt sich über den Boden eines Künstlerateliers im Schafhof, die Steine werden nur durch die gegenseitige Berührung gehalten. Jedes Teil der Brücke ist anders geformt und bemalt, als Ganzes symbolisiert sie das Projekt "Zusammenkunst", das der Kreisjugendring, das Europäische Künstlerhaus Schafhof und der Bezirksjugendring auf die Beine gestellt haben. 25 junge Flüchtlinge und Freisinger Jugendliche trafen sich an mehreren Nachmittagen im Schafhof und erarbeiteten in drei Gruppen jeweils ein gemeinsames Kunstwerk. Am Samstag stellten die Beteiligten sowie ihre Projektleiter Roswitha Prehm (Skulptur), Pepito Anumu (Malerei) und Michael Kunz (Fotografie) die Brücke aus Ytong, ein großes Bild sowie eine Fotoshow vor.

Die Idee zu diesem Projekt stammt von Julia Hochholzer, die im Schafhof ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, unterstützt wurde sie von Susanne Watterott vom Kreisjugendring. Bei ihrem ersten Treffen hatten die Jugendlichen zusammen gekocht, um sich näher kennenzulernen, denn auch Kochen sei eine Art Kunst, sagte Hochholzer. Bezirksrat Johannes Becher lobte die jungen Künstler, die sich aufeinander eingelassen hätten und sich künstlerisch gemeinsam mit ihren Wünschen und Träumen auseinandersetzten. Für Jugendliche, die bisher behütet im Landkreis Freising aufgewachsen seien, eröffnete sich in der Zusammenarbeit mit den Geflüchteten ein ganz neuer Blickwinkel auf die Welt, sagte Becher. Wenn es manchmal mit der sprachlichen Verständigung schwierig wurde, dann verdeutlichte eine Zeichnung oder eine Farbkomposition die Gefühle. Das Gute an der Kunst sei, dass man wenig oder gar keine Worte benötige, um sich auszudrücken, so Becher.

Die Fotografien, welche die Geflüchteten in Freising schossen, zeigen eine idyllische Stadt mit viel Grün und Wasser. Bemerkenswert fanden die Fotografen offenbar auch den deutschen Schilderwald, auf einem Foto waren gleich vier Gebots- und Verbotszeichen auf engstem Raum zu sehen. Wer in Deutschland aufwuchs, sei an die Schilderflut gewöhnt, aber für jemanden aus Syrien sei dies erstaunlich und ungewohnt, schilderte Becher.

Auf ihrem großen Acrylbild malten Jugendliche, wovon sie träumen. Zu sehen sind ein Weg, ein Haus und die Deutschlandfahne. Auch eine Art Motor ist dargestellt, einer der Geflüchteten wünsche sich nämlich, Mechaniker zu werden, beschrieb Pepito Anumu. Die Brücke aus den Ytong-Steinen entstand als Sinnbild für die Instabilität, die das Leben vieler Menschen auf der Welt bestimme, beschrieb Roswitha Prehm. Nur wenn jedes Element an seinem Platz einen Beitrag leiste, funktioniere das Zusammenleben wie eine gewölbte Brücke. Ein Stein befand sich aber alleine unter dem Bauwerk, auf ihm waren zwei bunt bemalte Gesichter eingekerbt, als Symbol für zwei Menschen, die von der Brücke beschützt werden. Auf seiner Rückseite prangte ein rotes Herz, denn "mit Liebe und Herzblut" seien die Künstler bei der Sache gewesen, sagte Roswitha Prehm.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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