Ein halbes Jahrhundert für die Musik:"Am Anfang fühlte ich mich zu jung"

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Seit einem halben Jahrhundert leitet Günther Lehrmann den Chor in der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul. (Foto: Marco Einfeldt)

Günther Lehrmann ist seit 50 Jahren Chorleiter in der Neustifter Pfarrkirche Sankt Peter und Paul

interview Von Sophie Vondung, Freising

Vor genau 50 Jahren hat Günther Lehrmann die Stelle als Chorleiter im Kloster Neustift angetreten. Heute ist er mehr als das: Die Geschichte der Kirche St. Peter und Paul kennt keiner besser als er. Das beweist er in zahlreichen Veröffentlichungen wie der "Chronik einer Vorstadtpfarrei". Außerdem wurde er dieses Jahr zum sechsten Mal als Vorsitzender des Historischen Vereins Freising wiedergewählt. Für seine langjährige Treue will die Gemeinde ihn am Samstag, 11. Juli, ehren, indem sie ihm die Dankesurkunde des Erzbischöflichen Ordinariats überreicht. Bei der Gelegenheit werden auch besonders eifrige Mitglieder seiner Chorgemeinschaft geehrt, denn allein acht Sänger sind schon seit über 40 Jahren mit dabei.

SZ: Warum haben Sie die Stelle als Chorleiter 1965 erst auf nachhaltiges Drängen des Pfarrers angetreten?

Lehrmann: Zunächst habe ich mich damals als fast zu jung gefühlt, denn die Mitglieder der Chorgemeinschaft St. Peter und Paul waren ja durchwegs älter. Dann habe ich auch sehr gerne im Freisinger Domchor unter Leitung des damaligen Domkapellmeisters Max Eham mitgesungen, der mich sehr gefördert hat und hatte dort auch meinen Freundeskreis.

Wie alt waren Sie damals? Fühlten Sie sich der Aufgabe gewachsen?

Als ich am 1. August 1965 die Stelle angetreten habe, war ich 18 Jahre alt, noch Gymnasiast, hatte aber damals schon seit einigen Jahren mit meinem Freunden regelmäßig bei Gottesdiensten musiziert oder Kirchenkonzerte gestaltet. Die Aufgabe hat mich natürlich schon gereizt, denn die Neustifter Kirche mit ihrer hervorragenden Akustik und ihrer wunderschönen Ausstattung ist ja einzigartig. Die Unterstützung durch den damaligen Stadtpfarrer und Max Eham hat mir natürlich den Rücken gestärkt, so dass ich dann immer mehr in die neue Aufgabe hineingewachsen bin.

Wie sind alteingesessene Sänger mit den vielen Neuerungen zurechtgekommen, zum Beispiel der Gründung eines Orchesters?

Die Neustifter Sänger, die seit vielen Jahren eine freundliche und homogene Gruppe sind, nahmen und nehmen die Begegnung mit den Instrumentalisten als wichtige Bereicherung. Das Instrumentalensemble ist nach wie vor eine wichtige Formation, denn gerade in der barocken Neustifter Kirche ist es bis heute Tradition, die Messkompositionen der Wiener Klassiker ebenso aufzuführen wie die Werke von Freisinger Komponisten des 18. Jahrhunderts.

Wie schaffen Sie es, die Gemeinde immer miteinzubeziehen und gleichzeitig mit dem Chor ein so hohes Niveau zu halten?

Es gibt einen alten Spruch: Das eine tun und das andere nicht lassen. Diese Devise gilt auch für die Kirchenmusik. Die Gemeinde muss unbedingt in eine lebendige Gottesdienstgestaltung mit eingebunden sein. Es wäre langweilig, wenn nur der Chor oder die Schola aktiv wären und die Gemeinde nur zu hören würde.

Heuer wird der 100. Geburtstag von Max Eham gefeiert. Welche Probleme bringt es mit sich, aus seinen handgeschriebenen Originalnoten zu musizieren?

In Neustift wird seit jeher in großer Bandbreite musiziert. Der Musik Max Ehams fühlen wir uns besonders verpflichtet, da er auch mein Lehrer war. Neben Chorsätzen bringen wir immer wieder auch einige seiner Messkompositionen zur Aufführung, darunter seine berühmte Weihnachtsmesse. Das Singen aus den handgeschriebenen Noten Ehams bereitet überhaupt keine Probleme, da seine Notenschrift einfach wie gedruckt ist.

Was ist bei Konzerten schon alles schief gelaufen?

Gott sei Dank eigentlich kaum etwas. Es kommt natürlich immer wieder vor, dass Sänger oder Instrumentalisten erkrankt sind und man ganz plötzlich einen Ersatz organisieren muss, das ist dann schon etwas aufregend oder nervig.

Wie motivieren Sie Ihre Musiker, in der Freizeit zu anstrengenden Proben zu kommen?

Die Motivation geschieht in erster Linie durch eine interessante Werkauswahl, die auch das Kirchenjahr mit einbezieht. Dann kommt natürlich die Freude dazu, in einem der schönsten Kirchenräume des bayerischen Barock zu singen und die Gottesdienste dort mitzugestalten.

Was hat sich in den 50 Jahren alles geändert, in denen Sie in der Gemeinde aktiv sind?

Wir haben 1992 zum Pfarrei-Jubiläum eine große neue Orgel eingebaut. Sehr erfreulich ist auch, dass seit 2008 wieder Prämonstratenser die Seelsorge in Neustift ausüben. Zur Zeit erwarten wir natürlich sehnsüchtig den Abschluss der Innenrestaurierung der Neustifter Kirche, um nicht nur im Pfarrheim, sondern auch wieder in der schönen Kirche musizieren zu können. Wenn alles gut geht, dürfen wir uns vielleicht auch auf eine kleine Chororgel im Bereich des Altarraums freuen, die in vielen Bereichen der Kirchenmusik eingesetzt werden könnte.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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