Ein ereignisvolles Jahr:125 Jahre Freising im Visier

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Der Historische Verein wurde 1890 gegründet. Die rund 700 Mitglieder treten für die Erhaltung des Stadtbilds und der geschichtlichen Denkmale ein

1890 war ein ereignisvolles Jahr. Kaiser Wilhelm II. zwang den Reichskanzler Otto von Bismarck zum Rücktritt. Japan gibt sich eine moderne Verfassung. Blutig ist das Massaker, das amerikanische Soldaten an Lakota-Indianern bei Wounded Knee angerichtet haben. Und William Kemmler stirbt als erster Mensch auf einem elektrischen Stuhl. Weitaus friedlicher nimmt sich da die Gründung des Historischen Vereins zu Freising aus. Basierend auf einer besonders in Bayern starken Strömung, sich besonders mit der eigenen Heimat auseinanderzusetzen. Gefördert hat dies König Ludwig I., der regionale Identität und Heimatbewusstsein fördern wollte. In diesem Sinne gründeten Amtsrichter Anton Auer, Bauamtmann Konrad Kirchner und der Geistliche Johann Baptist Prechtl den Historischen Verein in Freising.

"Auf Anhieb schlossen sich ihm 244 Freisinger an", antwortet Günther Lehrmann, der aktuelle Vorsitzende des Historischen Vereins, der dieser Tage sein 125-jähriges Bestehen feiert. Dessen Schwerpunkte seien im Wesentlichen bis heute gleich geblieben. "Mit einem bloßen Erinnern an die Geschichte, so etwa als gehobene Freizeitbeschäftigung, hat sich der Verein nie begnügt", rekapituliert Lehrmann. Nach wie vor tritt der Verein aktiv für die Erhaltung des Stadtbilds und der geschichtlichen Denkmale der Stadt ein. Er sieht dies als wichtige kommunale Aufgabe an und möchte die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren. In seinen Programmen und Vortragsreihen bietet der Verein renommierten Historikern der Stadtgeschichte und deren Forschungsergebnissen ein öffentliches Forum, um die Kenntnisse zu Stadt und Region zu vertiefen. Wichtig ist laut Lehrmann das Sammeln für den Bestand des stadtgeschichtlichen Museums. "Großes Ansehen" genießt laut Lehrmann die Publikationsreihe "Sammelblatt", deren 43. Ausgabe an diesem Freitag erscheint. Sie trägt den Namen "Freising im Visier" und ist den Schützenscheiben gewidmet, die einen wichtigen Einblick in die Stadtgeschichte geben.

"Der Historische Verein hat sich seit seiner Gründung erstmals in institutioneller Form mit der Geschichte Freisings, der Entwicklung der Stadt, mit der Geschichte von Bistum und Hochstift befasst", resümiert Lehrmann. Die Ergebnisse seien in den 43 Sammelblättern, einigen Sonderveröffentlichungen und vielen Vorträgen der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Grundlagenforschung sei dabei eine ganz wichtige Aufgabe, betont der Vorsitzende des Historischen Vereins. Seit 125 Jahren sei er der Geschichte der Stadt Freising verpflichtet.

"Der Verein äußert sich aber nicht nur der Vergangenheit der Stadt, sondern auch mutig zu den aktuellen Fragen in Freising", stellt Lehrmann klar und nennt Beispiele aus der Vergangenheit: Er verurteilte 1959 den Abriss der romanischen Martinskapelle. Er bezog Stellung zur Auflösung des Freisinger Priesterseminars und der Philosophisch-Theologischen Hochschule Mitte der Sechzigerjahre. Er mahnt stets, das Stadtbild nicht rein wirtschaftlichen Interessen preiszugeben. Der Verein freut sich über jede gelungene Renovierung der Stadt und befürwortet die Öffnung der Moosach in der Oberen Hauptstraße. "Er ist aus dem öffentlichen Leben nicht wegzudenken", stellt Lehrmann fest.

Der Vorsitzende des Historischen Vereins sei zu jeder Zeit seines Bestehens von Personen geleitet worden, die sich mit seinen Zielen identifizierten. Lehrmann erinnert an Josef Zanker (bis 1968), Sigmund Benker (bis 1979) und Walter Molo (bis 2000). Insbesondere Benker, sagt Lehrmann sei das denkmalerische Engagement des Vereins wichtig gewesen. "Seine Großtat war", erinnert der Vereinsvorsitzende, "dass er durch sein mutiges Eintreten, unterstützt durch Professor Hubert Glaser, verhindern konnte, dass die Bauten am Nordrand des Kanzlerbogens bis zum Forstamt abgerissen wurden und den Erhalt des Philippschlosses erreichte."

Der Verein habe von Anfang an floriert, stellt Lehrmann fest. Heute hat er etwa 700 Mitglieder. Und, darauf legt Lehrmann Wert: Die Mitglieder kommen aus allen Schichten der Freisinger Gesellschaft - vom Handwerker über den Kaumann bis hin zum Professor. Auch kritische Zeiten überstand der Verein gut. So fuhr er während der Zeit des Nationalsozialismus seine Aktivität "auf Sparflamme" herunter, um die heimatliche Geschichtsforschung nicht in den Dienst der Ideologie zu stellen.

© SZ vom 16.10.2015 / beb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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