Diskussion um das ungeliebte "Turbo-Abitur":Länger reifen

Lesezeit: 2 min

Nicole Storz leitet das Josef-Hofmiller-Gymnasium. (Foto: Lukas Barth)

Die Leiter der Gymnasien im Landkreis sprechen sich prinzipiell für eine Rückkehr zum G 9 aus. Allerdings müsse das Konzept sorgfältig vorbereitet und gut durchdacht werden. Mischformen mit dem G 8 lehnen sie ab

Von Gudrun Regelein, Freising

Momentan besteht ihr Leben aus Lernen, Klausuren schreiben und Vorbereitungen auf das Abitur. "Freizeit? Gibt es kaum mehr", sagt die 17-jährige Magdalena. Der Druck sei groß, meint die Abiturientin aus Freising: "Vom Stress her gesehen wäre ein Jahr länger Schule schon schön." So wie Magdalena denken viele Gymnasiasten, aber auch Eltern und Lehrer. Das achtjährige Gymnasium (G 8) wurde in Bayern zum Schuljahr 2004/2005 eingeführt - und sorgt seitdem für Streit. Offenbar hat es nun aber schon bald ein Ende mit dem häufig kritisierten Turbo-Abitur: Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat eine Entscheidung über die Zukunft des bayerischen Gymnasiums und eine mögliche Rückkehr zum G 9 für Mitte März angekündigt.

Einen baldigen und vor allem einheitlichen Entschluss wünschen sich alle Leiter der fünf Gymnasien im Landkreis - und alle sehen Vorteile in einer durchdachten Rückkehr zum G 9. "Bloß keine Mischformen", sagt Manfred Röder, der das Dom-Gymnasium in Freising leitet: "Keine Fleckerlteppiche oder unterschiedlichen Modelle an einem Ort." Gymnasien könnten beides - G 8 und G 9 - umsetzen, aber beide Formen an einer Schule anzubieten, ist für Röder nicht denkbar. "Derzeit geht die Tendenz zum G 9. Und grundsätzlich finde ich das gut", sagt Röder. Das zusätzliche Jahr bedeute einen Gewinn für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler. "Allerdings muss man sorgfältig schauen, mit welchen Inhalten dieses Jahr dann gefüllt wird." Auch Nicole Storz, Leiterin des Josef-Hofmiller-Gymnasiums in Freising, favorisiert die Rückkehr zum G 9. "Das wäre sinnvoll und wünschenswert. Das täte den Schülern gut", sagt Storz. Allerdings müsste das neue G 9 von der Pike auf durchdacht und durchkonzipiert werden - und kein Schnellschuss sein, fordert Storz. G 8 und G 9 parallel anzubieten, empfindet die Schulleiterin als "Unding, ich weiß nicht, wie das organisatorisch funktionieren könnte".

Für das Freisinger Camerloher-Gymnasium mit seinem musischen Profilbereich biete die neunjährige Schulzeit "verlockende Möglichkeiten", sagt Schulleiterin Andrea Bliese. "Derzeit ist bei uns der Förder- oder Wahlunterricht kaum mehr unterzubringen", berichtet sie. Teilweise hätten Schüler der Mittelstufe, die den Chor oder das Orchester besuchen, sogar an fünf Nachmittagen Unterricht. Das G 9 würde die Situation deutlich entspannen. Aber es gebe bei einer Rückkehr noch viele offene Fragen: Beispielsweise die, was dann mit den Vorteilen des G 8, wie den Intensivierungsstunden, passieren werde.

Franz Vogls Favorit wäre ein "neues, verändertes G 9". Der Leiter des Oskar-Maria-Graf-Gymnasiums in Neufahrn ist der Meinung, dass seine Schüler davon profitieren würden. "Wenn aber neun Jahre, dann müssen diese auch durchdacht sein, von der fünften bis zur 13. Klasse - sowohl was den Lehrplan, als auch den Unterricht betrifft", betont Vogl. Grundsätzlich, so sagt Karolina Hellgartner, Leiterin des Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasiums in Moosburg, würde sie es begrüßen, wenn das G 9 wieder eingeführt würde. "Den Schülern würde ein zusätzliches Jahr für ihre Reife gut tun", sagt sie. Hellgartner hofft nun auf eine baldige Entscheidung, um endlich planen zu können.

Ob eine Rückkehr zum G 9 auch auf die Fachoberschule (FOS), an der die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren nach oben schnellten, Konsequenzen hätte, kann Schulleiterin Roswitha Stichlmeyr nicht sagen. Das sei momentan nicht spruchreif, sagt sie: "Bis die ersten Schüler des neuen G 9 in dem Alter sind, vergehen noch mindestens sechs Jahre." Ob in den vergangenen Jahren tatsächlich viele Gymnasiasten zur FOS wechselten, da sie dort ein Jahr mehr bis zur allgemeinen Hochschulreife haben, wisse sie nicht, sagt Stichlmeyr. "Ich denke, es kommen in erster Linie diejenigen Schüler, die sich eine eher praktische Ausrichtung wünschen." Die fachpraktische Ausrichtung, das Aushängeschild der FOS, habe einen "ganz hohen Stellenwert". Als Konkurrenz zum Gymnasium sehe sie die FOS aber nicht, betont Stichlmeyr. "Diejenigen, die kommen wollen, kommen zu uns."

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: