Freisings Kulturlandschaft im Wandel:Mehr Beton, mehr Bäume

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In der Eichenfeldsiedlung gebe es deutlich mehr Bäume als in den fünfziger Jahren, sagte der Biologe Alfred Ringler bei einem Vortrag im Furtnerbräu. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Biologe Alfred Ringler zeigt bei einem Bild-Vortrag im Furtnerbräu die Umwälzungen der einheimischen Kulturlandschaft innerhalb der vergangenen acht Jahrzehnte. Dabei hat sich nicht alles zum Schlechteren verändert.

Von Eva Zimmerhof, Freising

An einer Stelle wird Alfred Ringler beinahe nostalgisch: "Früher waren die Felder blau von Kornblumen und Rittersporn." Dabei lässt der Biologe im gut gefüllten Furtnerbräu immer wieder persönliche Erinnerungen in seinen Bild-Vortrag über die einheimischen Kulturlandschaft einfließen. Es hat sich in Gfild und Moos ja auch viel verändert. Und Ringler kann das anhand seiner Zeitsprungbilder, Landschaftsaufnahmen aus acht Jahrzehnten, auch belegen.

Manfred Drobny vom Bund Naturschutz hatte Alfred Ringler zu Beginn des Abends als einen "der renommiertesten Kenner der südbayerischen Landschaften" angekündigt. Tatsächlich kann der Biologe anhand der Fotos einschneidende Eingriffe in die Natur zeigen, etwa den Ursprung der Hochwasserproblematik, die Renaturierung der Isarau oder den Bentonit-Abbau. Ringler kritisiert, lobt und staunt.

Wo heute die südlichen Flughafen-Startbahn ist, habe sich einmal das Zentrum des Pfefferminzanbaus befunden. Mit dem Flughafenbau sei nicht nur die Siedlung Franzheim verschwunden. "Eine ganze Kulturlandschaft ist plattgemacht worden", sagt der Biologe, der im Landkreis Erding aufgewachsen ist.

Dank des Flughafens sei aber auch ein europäisches Vogelschutzgebiet entstanden. Eine Ironie des Schicksals: Hinter dem Zaun des Geländes war der Brachvogel vor seinem natürlichen Fressfeind, dem Fuchs, sicher. Mit seinen Vorher-Nachher-Bildern von der Echinger Brücke oder vom Heizkraftwerk im Ampertal belegt Ringler die Umwälzung der Landschaft: Wo einst grüne Wiesen waren, dominiert heute Beton und Asphalt. Ringler hat diese Veränderungen über Jahrzehnte hinweg dokumentiert.

"Wir schaffen es immer besser, Landschaften zu digitalisieren und ihnen einen Schutzstatus zu geben, aber das Drumherum passt nicht", moniert Ringler. "Der Kontrast zwischen professionell geschützten Restzellen der Natur und der unpassenden Umwelt wird immer schärfer." Damit ließe sich die Artenvielfalt nicht erhalten.

Immerhin hätten sie an der Isar "bereits einige Rote-Liste-Funde" machen können, wirft an Manfred Drobny ein. Die Freisinger Kreisgruppe des Bund Naturschutzes untersucht derzeit, wie sich die Renaturierungsmaßnahmen auf Flora und Fauna des Flusses auswirken. "Ich präsentiere meine Vorher-Nachher-Bilder nicht, um zu zeigen: Da geht die Welt unter", sagt Ringler. Es sei auch etwas gewonnen worden. "In den fünfziger Jahren hat es viel weniger Feldgehölze gegeben als heute. Im Landkreis gibt es heute um den Faktor fünf mehr Bäume."

Eine Tatsache, die er mit Bildern von der Eichenfeldsiedlung und dem Freisinger Universitätsgelände veranschaulicht: Wo nach dem Zweiten Weltkrieg nur kahle Ackerflächen zu sehen waren, tauchen auf aktuelleren Aufnahmen große Baumbestände auf.

In Haag habe die wachsende Besiedelung die Landschaft sogar begrünt, sagt Ringler. "Das klingt komisch. Aber genau deswegen lohnt sich die Vogelzählung des Landesbundes für Vogelschutz auf Privatgrundstücken." Dennoch seien die Artenschützer "nicht unbedingt begeistert von Bäumen", da viele Pflanzen eben nicht in ihrer Nähe gedeihen könnten.

"In Anbetracht, wie kaputt die Isar einmal war, ist es fast verwunderlich, was für ein intaktes Auwaldband sich heute von München bis Landshut zieht", sagt Ringler. Für die Isar empfiehlt er neben den Renaturierungen auch eine mittlere Anhebung des Flusses. "In bestimmten Bereichen kann man die Isar meterhoch anheben, ohne dass Probleme bei den Kläranlagen entstehen."

Schloss Erching ist "eine ruhende Oase"

Das Schloss Erching lobt er als "ruhende Oase" inmitten des zischenden Verkehrs. Und die Moosach bei Hangenham sei eine fantastische Kulturlandschaft, die man wieder reaktivieren könne.

Zudem sei der Freisinger Landschaftspflegeverband innovativ tätig, indem er Wiesenmulden als Hochwasserschutz baue. Denn trotz des vielen Grüns gebe es im Zeitverlauf immer mehr Hochwasser. Schuld sei die Versiegelung durch Bebauung. Als positives Gegenbeispiel nannte Ringler Moosburg: "Hier ist der Isarauenwald trotz der Siedlungsexplosion seit 1950 respektiert worden."

Beklagenswert sei dagegen die "mangelnde Raumplanung" beim Bentonit-Abbau bei Gammelsdorf, sagt Alfred Ringler. Dort wisse niemand so genau, was zur Auffüllung in die Gruben gekippt werde, so dass die Bevölkerung Angst um ihr Grundwasser habe. "Hier ist die Chance vertan worden, auf den erschöpften Abbauflächen ökologischen Raum zu schaffen."

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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