Das Geld reicht nicht mehr:Rentabel sperrt zu

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Das Caritasprojekt für Langzeitarbeitslose und Menschen mit psychischen Problemen ist in den vergangenen drei Jahren tief in die roten Zahlen gerutscht. Ein Grund dafür sind massive Kürzungen auf Bundesebene.

Von Christian Gschwendtner

Freising - Die Caritas zieht beim Rentabel-Kaufhaus in Freising die Notbremse. Der Mietvertrag soll hier nicht verlängert werden und wird Ende Oktober kommenden Jahres auslaufen. Betroffen ist auch der Rentabel-Ableger in Moosburg. Über den entsprechenden Beschluss hat Caritas-Kreisgeschäftsführerin Caroline Dümer am Dienstag Landrat Josef Hauner unterrichtet. Das Projekt ist in den vergangenen drei Jahren tief in die roten Zahlen gerutscht. Aktuell beläuft sich das jährliche Defizit auf rund 180 000 Euro. Die Caritas sehe sich darum gezwungen, beide Häuser zu schließen, heißt es.

Dabei ist das Projekt durchaus erfolgreich, wie am Dienstag in Freising ein Betroffener erzählt. Für ihn selbst sei es noch einmal gut ausgegangen, sagt der Mann mit dem blonden Pferdeschwanz. Dabei deutete zunächst wenig darauf hin. Die Ehe scheiterte katastrophal. Irgendwann kamen Alkohol und Langzeitarbeitslosigkeit dazu und brauten sich zu einer Mischung zusammen, die ihn eigentlich aus der Bahn hätte werfen müssen. Es ist anders gekommen. Und dafür dankt der Mann dem Kaufhaus Rentabel, das von der Caritas Freising betrieben wird. Sein Name soll nicht in der Zeitung stehen. Nur soviel: "Rentabel hat mich vor dem Untergang gerettet". Der Mann hat dort eine Anstellung als Verkäufer gefunden und ganz nebenbei noch eine Ausbildung als pädagogischer Arbeitsanleiter absolviert. Mit der Schließung der beiden Gebrauchtwarenhäuser verliert das Rentabel-Projekt sein wichtigstes Aushängeschild. Langzeitarbeitslose können dort seit beinahe 18 Jahren als Ein-Euro-Jobber den Wiedereinstieg in den regulären Arbeitsmarkt proben. Gleichzeitig bot sich für finanziell schlechter Gestellte die Gelegenheit, zu günstigen Preisen an Möbel, Klamotten und Spielzeug zu kommen. Auch bei der Flüchtlingsversorgung hat der Caritas-Gebrauchtwarenmarkt dem Landkreis tatkräftig unter die Arme gegriffen. Das alles soll nun wegfallen. Erhalten bleiben sollen aber die restlichen Rentabel-Projekte. Neben dem Geschäft an der Ladentheke bietet die Caritas Freising noch diverse andere Dienstleistungen an, etwa einen Möbeltransport oder die Reinigung von öffentlichen Spielplätzen und Badeseen im Landkreis.

Auf einen wirtschaftlich grünen Zweig konnte die Caritas damit nicht kommen. "Die Einnahmen aus dem Kleiderverkauf reichen nicht einmal aus, um die Miete zu decken", sagt Albert Söhl, Kreisvorsitzender des Bayerischen Roten Kreuzes. Seine Organisation hat sich erst im März diesen Jahres mit der Caritas zusammen geschlossen und noch die zweite Haushälfte in der Kepserstraße angemietet. In den Räumlichkeiten sind das Repair-Café und Büros untergebracht.

In die Bredouille ist die Caritas aber aus einem anderen Grund geraten. Das Jobcenter habe immer weniger Langzeitarbeitslose vermittelt, berichtet Rentabel-Leiterin Andrea Lachner. 2010 beschäftigte das gemeinnützige Projekt noch 30 Ein-Euro-Jobber, momentan sind es nur noch zehn Langzeitarbeitslose. Geschuldet ist dies den massiven Leistungskürzungen, die auf eine Reform auf Bundesebene zurückgehen. Zuschüsse für Eingliederungsmaßnahmen für Hartz-IV-Empfänger wurden drastisch gekürzt. Seitens des Landratsamtes heißt es, dass der gesetzliche Rahmen für Ein-Euro-Jobs enger gesteckt worden sei. Weil das Rentabel-Projekt eine ganze Bandbreite an Dienstleistungen anbiete, müsse man sicherstellen, dass es zu keiner Wettbewerbsverzerrung auf dem freien Markt komme, sagt die Pressesprecherin des Landratsamtes, Eva Dörpinghaus. Der Fokus des Jobcenters richtet sich stärker auf die individuell zugeschnittene Förderung. Auf die Mitarbeiter des Rentabel-Projekts wird diese Neuausrichtung keine Auswirkung haben. Die Caritas will alle in den anderen Zweigen des Rentabel-Projekts weiter beschäftigen. Kündigungen seien vorerst ausgeschlossen.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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