Das Camera soll bleiben:Protest auf Klappstühlen

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Grüne wollen das letzte Freisinger Kino erhalten und rufen zu einem Sitzstreik auf. Abriss- und Neubaupläne der Hauseigentümerin werden im Bauausschuss abgelehnt.

Kerstin Vogel

Mit einem Sitzstreik wollen die Freisinger Grünen an diesem Freitagabend gegen die bevorstehende Schließung des Camera-Kinos protestieren. Auf Klappstühlen sollen die Freisinger von 20 Uhr an vor dem Gebäude zeigen, dass ihnen der Erhalt eines Kinos in der Innenstadt wichtig ist. Bereits am Mittwoch im Bauausschuss hatte die Grünen-Fraktion versucht, ein Zeichen gegen die Entwicklung an der Stieglbräugasse zu setzen und gegen den geplanten Abriss des Kinogebäudes gestimmt - ein rechtlich allerdings nicht ganz einwandfreier Beschluss.

Wie Ende vergangener Woche bekannt wurde, möchte die Eigentümerin des Gebäudes an der Stieglbräugasse, Iris Kramer, das Haus abreißen und durch einen Neubau für Wohnungen ersetzen. Die Familie Fläxl, die das Kino zuletzt fast 40 Jahre betrieben hat, wehrt sich nicht gegen diese Pläne, weil das alte Lichtspielhaus in der Innenstadt seit Jahren ein Zuschussbetrieb ist. Eine Schließung zum Jahresende ist für die Fläxls deshalb wohl beschlossene Sache. Das neue Kino der Freisinger stehe in Neufahrn hatte Paul Fläxl mit Blick auf sein dortiges Cineplex erklärt. Diese Äußerung allerdings nannte Grünen-Fraktionssprecher Jürgen Maguhn am Mittwoch im Bauausschuss "eine Frechheit".

Auch das an den Schlüterhallen geplante neue Kino könne keine Lösung sein, kritisierte Maguhn weiter: "Mit der Schließung des letzten Innenstadtkinos versetzen wir der Kino-Kultur in Freising den Todesstoß." Auf diese Weise "fallen wir sogar hinter Moosburg zurück". Deshalb stimmten die Grünen im Bauausschuss auch gegen den Vorbescheidsantrag von Iris Kramer, mit dem sich die Eigentümerin eigentlich nur Gewissheit verschaffen wollte, ob ihre Pläne zu Art und Maß der Nutzung grundsätzlich genehmigungsfähig wären. Das sind sie in planungsrechtlicher Hinsicht sehr wohl, wie die Verwaltung erklärte.

Dreieinhalb Geschosse mit Satteldach will Kramer anstelle des Camera-Kinos bauen, damit würde das neue Wohnhaus immerhin zwei Meter höher als der Bestand. Die Autos der künftigen Bewohner sollen in einer Tiefgarage stehen, deren Zufahrt über die Stieglbräugasse führen würde - was Maguhn für bedenklich hielt. Den Kollegen von den Freien Wählern war der geplante Neubau ebenfalls ein Dorn im Auge - allerdings in optischer Hinsicht. Einen "Fremdkörper" nannte Joachim Hamberger das Vorhaben, um den Verlust einer weiteren alten Fassade sorgte sich Karlheinz Freitag.

Beide stimmten mit Johanna Hiergeist (FW) und den Grünen gegen den Antrag von Kramer, der so abgelehnt wurde - und damit theoretisch reklamiert werden kann: Eigentlich kann der Bauausschuss nicht gegen einen Vorbescheid stimmen, wenn dieser baurechtlich zulässig wäre, wie Johann Bergermeier vom Bauamt der Stadt erklärt. Dem Bauwerber werde damit möglicherweise sogar der Klageweg eröffnet. Allerdings sei mit dem Vorbescheidsantrag ohnehin "der zweite Schritt vor dem ersten getan worden", so Bergermeier. Noch sei nämlich gar nicht klar, ob das Haus überhaupt abgerissen werden dürfe. Denn das ehemalige Rückgebäude der früheren Gaststätte "Deutscher Kaiser" stamme aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und sei Bestandteil des Innenstadtensembles. Deshalb müsse vor allen anderen das Landesamt für Denkmalpflege gehört werden. Dieser Tagesordnungspunkt war am Mittwoch abgesetzt worden.

Dass ihr Vorstoß im Bauausschuss das Camera-Kino kaum wird retten können, ist den Grünen auch bewusst. Schließlich könne man einen Betreiber nicht dazu zwingen, weiter zu machen, räumte Maguhn ein. Sehr wohl aber könne und müsse sich die Stadt dafür einsetzen, "einen neuen Betreiber zu finden, vielleicht auch jemanden, der das mit der Gaststätte vorne zusammen macht". Nachdruck verleihen wollen die Grünen der Forderung nach dem Erhalt eines Innenstadtkinos am heutigen Freitag nun mit einem Sitzstreik vor dem Camera. Man wolle zeige, dass es nicht sein könne, "dass in einer Stadt wie Freising mit knapp 50 000 Einwohnern der letzte Kino-Kulturtempel geschlossen wird, obwohl er sich allseits größter Beliebtheit erfreut", heißt es in dem Aufruf zu der Demonstration: "Zeigen wir gemeinsam, dass wir alle noch lange in unserem geliebten Camera sitzen wollen."

© SZ vom 01.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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