Bürgerbegehren unterschätzt:Gegen den Protest

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Die CSU wirbt auf ihrer Jahreshauptversammlung energisch für die Ansiedlung von Transgourmet. Auch für bezahlbaren Wohnraum will man kämpfen

Von Kerstin Vogel, Freising

Da mussten sich die Stadträte am Dienstag in der Jahreshauptversammlung des CSU-Ortsverbandes schon ein wenig Kritik gefallen lassen: Als sich abgezeichnet habe, dass gegen die geplante Ansiedlung des Lebensmittellogistikers Transgourmet in den Freisinger Clemensängern ein Bürgerbegehren initiiert werden soll, hätte sich die CSU "deutlicher positionieren müssen", hieß es. Andere Parteien wie etwa die SPD oder Teile der Freien Wähler hätten da besser reagiert, wunderten sich einige Mitglieder.

Stadtrat Rudi Schwaiger räumte ein, dass "wir das zunächst möglicherweise unterschätzt haben". Er habe nicht damit gerechnet, dass die Gegner des Projekts tatsächlich genug Unterschriften zusammenbringen würden, sagte er weiter. Schließlich sei im Vorfeld jeder einzelne Einspruch gegen den Lebensmittelgroßhändler behandelt und entkräftet worden. Es gebe "kein faktisches Argument gegen das Vorhaben". Zuvor hatte auch Ortsvorsitzender Peter Geiger schon klare Worte zu diesem Thema gefunden: "Warum haben wir denn ein Gewerbegebiet, wenn wir dort dann kein Gewerbe ansiedeln können", fragte er und forderte die Betreiber des Bürgerbegehrens auf, keine weiteren Unwahrheiten, etwa zur Lärmbelastung, zu verbreiten.

Sorge bereitet der CSU vor allem, dass der Bürgerentscheid dieses Mal nicht zusammen mit einer Wahl stattfinden wird und die Wahlbeteiligung deshalb sehr niedrig sein könnte. Man müsse auch die Befürworter des Projektes mobilisieren, forderte Geiger. Der Entscheid sei gültig, sobald sich mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligen würden, gab Schwaiger zu bedenken. Das seien nur ungefähr 8 000 Bürger, rechnete er weiter vor: "Und das heißt, das letztlich ein paar mehr als 4 000 Menschen diese Frage entscheiden könnten."

Damit das nicht passiert, wollen die CSU-Stadträte jetzt mit ein paar Kollegen aus anderen Fraktionen "überfraktionell" für die Ansiedlung von Transgourmet werben. Und man will einen Antrag einbringen, bei der Organisation des Bürgerentscheides dem Beispiel der Stadt Würzburg zu folgen, und mit der Wahlbenachrichtigung auch gleich die Stimmzettel zu verschicken, wie Geiger erklärte. So könne vielleicht eine höhere Wahlbeteiligung erreicht - und damit auch der Wille der Bevölkerung richtig abgebildet werden, hofft man bei der CSU. Rudi Schwaiger jedenfalls ist fest davon überzeugt, dass die Mehrheit der Freisinger eigentlich für Transgourmet ist - "schon aus historischen Gründen", schließlich versuche die Stadt schon ziemlich lang, die Grundstücke in den Clemensängern an den Mann zu bringen. "Man darf das jetzt nicht boykottieren, nur aus einem Gefühl heraus."

Als weitere große Themen der CSU hatte Geiger zuvor neue Baulandausweisungen und bezahlbaren Wohnraum angeführt. "Wenn wir kein Bauland schaffen, werden wir das Angebot nicht befriedigen können, der Nachfrageüberhang bleibt und das führt zu exorbitant hohen Preisen, die sich keiner mehr leisten kann", sagte er - und nannte als Beispiel das neue Wohngebiet im Freisinger Steinpark. Kritik übte Geiger an der zuletzt vom Stadtrat beschlossenen Erhöhung der Grundsteuer. Auch wenn es da nur um Centbeträge gehe - jede Erhöhung werde wieder auf die Mieten umgelegt, "und das ist ein politisches Zeichen, das diametral in die falsche Richtung geht."

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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