Botschaft an die Freisinger:"Wir sind gegen Terror"

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In der Domstadt lebende Flüchtlinge wehren sich mit einer Plakataktion gegen Anfeindungen und werben um Verständnis. Wünschen würden sie sich eine Aufhebung des Besuchsverbots in der ehemaligen Steinkaserne

Von Clara Lipkowski, Freising

Nach den Attentaten der vergangenen Wochen und Monate in Frankreich, München und Würzburg haben Flüchtlinge, die in der Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Stabsgebäude der Freisinger Steinkaserne leben, eine Plakataktion gestartet, um sich deutlich von Terror und Gewaltakten zu distanzieren. Auf zahlreichen großformatigen Zetteln haben sie Botschaften notiert, diese fotografiert und in den sozialen Netzwerken in Umlauf gebracht.

"Wir möchten die Freiheit und Werte hier nicht angreifen", heißt es da - oder: "Wir sind keine Terroristen." Der 19-jährige Rahmat Yousefi aus Afghanistan hat ein Plakat mit der Aufschrift versehen: "Wir sind Menschen, die Religionen sind egal", und er verurteilt die Gewalt: "Wir finden die Attentate schlimm", sagt er. Auch dem 20-jährigen Mohammadnoor Maradi war es wichtig, eine Botschaft zu senden: "Wir möchten gerne hier leben und mit den Menschen zurecht kommen. Deswegen wollten wir sagen, dass wir keine Terroristen sind."

Nach den jüngsten Anschlägen hätten ein paar Flüchtlinge von Misstrauen ihnen gegenüber berichtet, erzählt die Freisinger Willkommenslotsin und Deutschlehrerin für Flüchtlinge, Theresia Hirschbeck. Der 19-jährige Afghane Mohammed Jafari habe sich bestürzt darüber gezeigt, dass ein Mädchen die Straßenseite wechselte, als er ihr während eines Spaziergangs entgegenkam. Deshalb habe er auf Plakate "Wir sind keine Terroristen" und "Meine Religion ist Liebe" geschrieben und hoffe, so Vertrauen zurückzugewinnen. "Wir möchten nicht, dass die Leute Angst vor uns haben", sagt auch Mohammadnoor Maradi.

Den Bewohnern der Steinkaserne geht es aber auch darum, auf ihre Wohnsituation aufmerksam zu machen. Mehrere Flüchtlinge, unter ihnen Rahmat Yousefi, berichten, dass sie im Steinpark keinen Besuch empfangen dürfen. "Wir können uns nicht immer draußen oder im Café treffen", sagt er. "Wir wollen unseren Freunden auch zeigen, wie wir leben."

Besuch ist in der Unterkunft in der Steinkaserne tatsächlich nicht erlaubt. Warum, erklärt die Sprecherin des Landratsamts, Eva Dörpinghaus: "Es hat in der Vergangenheit Probleme mit Drogenkriminalität und Prostitution in der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Kaserne gegeben." Deswegen habe sich die Verwaltung dazu entschlossen, fremden Menschen, also denen, die nicht auf dem Gelände wohnen, den Zutritt zu verwehren. Dieser Schritt sei von den Bewohnern der Unterkunft zunächst auch positiv aufgenommen worden, sagt Eva Dörpinghaus, weil dadurch Ruhe eingekehrt sei. Mittlerweile aber stört die Flüchtlinge das Besuchsverbot.

Mit der Eröffnung einer neuen Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde Eching Mitte August erhoffe sich das Landratsamt nun, durch die Verteilung der Flüchtlinge die Lage weiter zu entspannen und das Besuchsverbot wieder aufheben zu können. Wann das geschehe, könne sie aber nicht sagen, so Dörpinghaus.

Die ehrenamtliche Deutschlehrerin Theresia Hirschbeck setzt sich derweil dafür ein, dass die Flüchtlinge soziale Kontakte auch "zu Hause" in der Kaserne pflegen können, im Sinne einer erfolgreichen Integration. Daher schlägt sie Einlasskontrollen vor: "Eine eingeschränkte Besuchererlaubnis, bei der Gäste kontrolliert werden und sich an- und abmelden, halte ich für einen guten Kompromiss."

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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