Von Rudelzhausen im Norden bis Hallbergmoos im Süden gibt es wohl kein Gemeindegremium, das sich in der jüngeren Vergangenheit nicht mit einem Bauantrag für ein Boardinghaus auseinandersetzen musste. Im Prinzip nichts anderes als das europäische Pendant zum amerikanischen Motel, erfreut es sich immer größerer Beliebtheit. Die Übernachtungskosten sind wesentlich günstiger als in einem herkömmlichen Hotel. Boardinghäuser sind aber auch ein Symbol für den gesellschaftlichen Wandel, der sich in den vergangenen Jahren vor allem in den Dörfern vollzogen hat.
Landwirtschaftliche Betriebe sind im Landkreis auf dem Rückzug. Insbesondere in dessen Norden haben Wirtshäuser mangels Kundschaft zugesperrt. Bauernhöfe und Gasthäuser stehen leer, weil sie nicht mehr rentabel sind. Für Investoren sind dies geeignete Objekte, sie verwandeln die verlassenen Gebäude in Boardinghäuser und erfüllen sie mit neuem Leben.
Viele Einheimische sehen diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Mit sensibler Hand saniert, mögen Boardinghäuser durchaus positive Effekte auf das Dorfleben haben. Vor allem, wenn dort alte Wirtschaften wieder belebt und zu Treffpunkten werden.
Auf der anderen Seite beäugen potenzielle Nachbarn die geplanten Übernachtungsgelegenheiten mit Argwohn. Wenn die Fremden morgens in ihre Autos steigen, fürchten sie, durch Knallen zugeschlagener Fahrzeugtüren in ihrer Nachtruhe gestört zu werden. Die Bewohner sind zwar den ganzen Tag über nicht zu sehen, weil sie ihrer Arbeit irgendwo im Landkreis oder in München nachgehen. Irgendwann kommen sie aber wieder zurück. Und dann ist womöglich Feiern angesagt. Im Sommer natürlich bevorzugterweise im Freien. Vorbehalte gegen Boardinghäuser gibt es einige. Deshalb tun sich viele kommunale Gremien mit der Genehmigung der "europäischen Motels" schwer.