Bilanz im Jugendhilfeausschuss:Fördern und Fordern

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135 jugendliche Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis

Nachdem die Zahl der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge im Landkreis 2016 sprunghaft gestiegen ist, werden sie nun allmählich erwachsen und fallen aus dem Betreuungsangebot der Jugendhilfe heraus. Das schlägt sich auch im Haushaltsentwurf des Jugendamtes nieder. Waren 2017 für die Unterbringung der Jugendlichen in Sammelunterkünften noch eine Million Euro eingeplant, falle dieser Posten heuer komplett weg, erläuterte Amtsleiterin Arabella Gittler-Reichel im Jugendhilfeausschuss des Landkreises.

144 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis, die meisten in Wohngruppen des Jugendwerks Birkeneck in Hallbergmoos, der Caritas in Au und der Diakonie in Moosburg. Obwohl sich die Kosten für die Unterbringung deutlich verringerten, benötigten die Jugendlichen doch eine professionelle und vielschichtige psychologische und pädagogische Betreuung, berichtete der Leiter des Jugendwerks, Otto Schittler, im Ausschuss. Ein Teil befände sich in psychischen Notlagen, sie seien von Zukunfts- und Versagensängsten geplagt, schilderte er. Ziel ist, dass die Jugendlichen selbständig werden und ohne staatliche Subventionen leben können. Schittler plädierte dafür, sich sofort nach ihrer Ankunft um die Jugendlichen zu kümmern, ihnen Schlüsselqualifikationen und die Deutsche Sprache zu vermitteln, unabhängig von der Bleibeperspektive. Dazu gehöre auch eine Ausbildung, formulierte er vorsichtig mit Blick auf die Ausländerbehörde des Landratsamtes, die immer wieder Jugendlichen die Ausbildungserlaubnis wegen staatlicher Vorgaben verweigert. Johannes Becher (Grüne) appellierte an die Behörde, ihren Ermessensspielraum so auszulegen, dass möglichst viele junge Flüchtlinge arbeiten könnten.

Die drei Träger der Wohngruppen kooperieren eng mit Ausbildungsbetrieben, 43 junge Flüchtlinge erlernen im Moment einen Beruf, 135 besuchen einen intensiven Deutschkurs. Die jungen Menschen zwischen 14 und 18 Jahren kämen aus ganz verschiedenen Kulturkreisen und sozialen Schichten, es sei eine große Herausforderung, dass sie hier zurecht kämen. Besonders wichtig sei, ihnen zuzuhören und zu reden, aber die unbegleiteten Flüchtlinge auch zu erziehen, betonte Schittler. Da immer weniger Jugendliche in den Wohngruppen lebten, weil sie volljährig werden, würden die Einrichtungen Plätze streichen, aber noch passgenauere und personalintensive Angebote für sie entwickeln. Außerdem überlege die Caritas, ihre Wohngruppe in Au für alle Jugendlichen mit Betreuungsbedarf zu öffnen oder auch das Eintrittsalter zu senken. Samuel Fosso (FSM) appellierte an die Träger der Wohngruppen, die geflüchteten Jugendlichen nicht nur zu fördern, sondern sie auch zu fordern.

© SZ vom 20.01.2018 / Ka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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