Bericht aus dem Gericht:Ein allerletzter Warnschuss

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Ein 26-Jähriger stiehlt ein Handy, um es zu verkaufen - der einschlägig Vorbestrafte erhält eine Bewährungsstrafe

Von Alexander Kappen, Freising

Kein Job, drei Kinder daheim und eine Lebensgefährtin, für die eine Krankenversicherungsrechnung über 4000 Euro ins Haus geflattert ist: Der 26-jährige Angeklagte befand sich zur Tatzeit in einer finanziellen Notlage, wie Richterin Tanja Weihönig einräumte. Aber deshalb "einfach elektronische Geräte in einem Geschäft zu stehlen, um sie im Internet oder sonst wo verkaufen zu können, ist auch nicht des Rätsels Lösung", betonte sie in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht.

Sie verurteilte den einschlägig vorbestraften jungen Mann, der im April ein Handy im Wert von 159 Euro in einem Freisinger Elektromarkt gestohlen hatte, zu einer Gefängnisstrafe von fünf Monaten. Diese wurde allerdings zur Bewährung ausgesetzt.

Eine weitere Tat aus dem März dieses Jahres, die ursprünglich ebenfalls angeklagt war, wurde, wie es im Juristendeutsch heißt, wegbeschränkt, "weil sie nicht so gravierend war", wie die Richterin sagte. Bei dem Diebstahl im April führte jedoch kein Weg an einer Verurteilung vorbei. Der Angeklagte räumte die Tat von Anfang an ein. Das rechnete das Gericht ihm positiv an. Andererseits "war Leugnen auch zwecklos", stellte die Richterin fest. Der 26-Jährige war vom Ladendetektiv des Elektromarkts auf frischer Tat ertappt worden und führte das Handy bei sich, als er von diesem aufgehalten wurde.

Der Wert des Handys sei "jetzt sicher nicht die größte Summe, über die hier jemals verhandelt worden ist", meinte die Staatsanwältin, "aber sie ist auch nicht unbedingt gering - es war schon ein wertvolleres Elektrogerät, das der Angeklagte gestohlen hat". Die finanzielle Not des 26-Jährigen sah sie als nicht übermäßig groß an, schließlich habe er mehr als 1000 Euro Arbeitslosengeld kassiert "und nicht am Hungertuch genagt".

Besonders erbost war sie darüber, dass der insgesamt dreimal vorbestrafte Angeklagte "erst im Oktober 2015 wegen Diebstahls verurteilt worden ist - und dann spaziert er ein paar Monate später schon wieder in ein Geschäft und nimmt einfach was mit". Eine Geldstrafe, wie bei der vorhergehenden Verurteilung, reiche nun nicht mehr aus, "es ist jetzt eine kurze Freiheitsstrafe erforderlich". Sie beantragte sechs Monate Gefängnis, die man ihrer Meinung nach "gerade noch so zur Bewährung aussetzen kann". Auch die Richterin monierte, dass der Angeklagte nur ein halbes Jahr nach der bis dahin letzten einschlägigen Verurteilung erneut einen Diebstahl begangen habe. Die Geldstrafe, zu der er im Oktober 2015 verurteilt worden war, "hat ihn offenbar nicht besonders beeindruckt", folgerte die Richterin, die ebenfalls die Ansicht vertrat, an einer Gefängnisstrafe nun nicht mehr vorbeizukommen.

Sie hielt dem 26-Jährigen aber zugute, "dass er eine Lebensgefährtin und drei Kinder hat und somit sozial eingebunden ist". Für eine positive Sozialprognose spreche außerdem die Ausbildung, die der Angeklagte im kommenden September beginnen wird.

Somit sei es vertretbar, die Strafe für drei Jahre zur Bewährung auszusetzen. Eine Geldauflage für die Bewährung hielt sie aufgrund der finanziellen Situation des Angeklagten nicht für sinnvoll. Stattdessen muss der 26-Jährige jetzt in Freising insgesamt 100 Sozialstunden innerhalb von zehn Monaten leisten.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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