Baurechtliche Probleme:Ausgebremst

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Es war alles bereitet für die neue Großtagespflege des Tageselternzentrums. Weil die Stadt den Einzug in zuvor angebotene Räume aber kurzfristig gestoppt hat, liegt das Projekt vorerst auf Eis

Von Clara Lipkowski, Freising

Wohin mit dem Kind, wenn die Tagesmutter krank ist? Um dann schnell Ersatz zu finden, will das Tageselternzentrum (TEZ) in Freising eine Großtagespflege mit Ersatzplätzen einrichten, ist aber vorerst gescheitert. Nicht etwa wegen Personalmangels, sondern weil entsprechende Räume nicht verfügbar sind. Dringlich ist das Problem, weil die Betreuung von Kindern unter drei Jahren auch dann gewährleistet sein muss, wenn Tageseltern krank sind oder Urlaub machen. "Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf kurzfristigen Ersatz", erklärt Geschäftsführerin Marina Freudenstein. Bei dem derzeit steigenden Bedarf müssten hierfür aber mehr Ersatzplätze geschaffen werden.

Dafür plant das Tageselternzentrum einen Stützpunkt mit fünf neuen Betreuungsplätzen und fünf Freihalteplätzen, sagt Geschäftsführerin Marina Freudenstein. Die Planung ist schon weit fortgeschritten: "Das Konzept steht, die Finanzierung ist klar, Personal wäre vorhanden", sagt sie. Für das Projekt hatten das TEZ, die städtische Bauverwaltung und Vertreter der Stadt bereits Räumlichkeiten besichtigt. "Die Räume wären perfekt", sagt Susanne Müller, die das TEZ leitet. Auch die Stadt signalisierte, dass es gut aussehe, sie selbst hatte die Räume angeboten. Es fehlte also nicht mehr viel, um das Projekt zu realisieren. "Vor etwa zwei Wochen haben wir dann von der Stadt gehört, dass das Ganze auf Eis liegt", sagt Marina Freudenstein. Warum, das habe ihr niemand genau sagen können, auch nicht, ob andere Räume infrage kommen.

Sie habe nur erfahren, dass baurechtliche Probleme den Einzug des TEZ verhindern würden. Auch Susanne Müller war überrascht: "Wir hatten uns innerlich schon darauf eingestellt, dass alles klappt, umso enttäuschter waren wir, als die Stadt zurückzog."

Christl Steinhart, Sprecherin der Stadt, bestätigt: Wegen "baurechtlicher Vorgaben" könne die Stadt derzeit keine Zusage geben, mehr könne sie nicht dazu sagen. Und das, obwohl das TEZ keine besonderen Ansprüche an die Räume stellt. "Wir haben nicht so hohe Standards wie etwa Krippen", sagt Freudenstein. "Wir brauchen nur einen Raum für die Betreuung, einen, in dem die Kinder schlafen können, einen mit Sanitäranlagen und eine kleine Küche, das entspricht in etwa einer geräumigen Zweizimmerwohnung." Bisher bietet das TEZ 90 Betreuungsplätze, die alle belegt sind. Zusätzlich stehen derzeit 20 Kinder auf der Warteliste. 26 Tagesmütter und ein Tagesvater betreuen in Freising entweder in den eigenen Privaträumen oder an der Münchner Straße bei der Tagespflege "Glückskinder". Bis zu fünf Kinder darf eine Tagesmutter beaufsichtigen. "In der Regel sind es aber weniger, weil die eigene familiäre Konstellation der Tageseltern nicht mehr als ein bis drei Kinder zulässt", erklärt Susanne Müller.

Bislang hätten sich die Tageseltern untereinander über Ersatz abgestimmt, berichtet eine Tagesmutter. Daniela Katzer kümmert sich seit 22 Jahren in ihrer Privatwohnung hauptberuflich um Kinder, in der Regel sind es fünf, hin und wieder nur vier. Der steigende Bedarf an Betreuung mache die Regelung von Ersatz aber nahezu unmöglich, berichtet sie, zusätzlich verhindere die Fünf-Kinder-Regel, dass man spontan einfach ein Kind mehr aufnimmt. Ein Tagespflegestützpunkt mit Ersatzplätzen wie ihn das TEZ plant, könne da definitiv helfen, findet sie. Wichtig sei aber, dass die Kinder in den externen Räumen die Möglichkeit haben, die Ersatztagesmütter vorab kennenzulernen.

Genau das plant das TEZ. "In wöchentlichen Spielgruppen gewöhnen sich die Kinder an die Ersatztageseltern", sagt Freudenstein, das sei wegen der kindlichen Bindungsbedürfnisse wichtig. Regelmäßige Gruppentreffen der Tageseltern, sollen helfen, sich untereinander zu vernetzen. Das Jugendamt und die Stadt Freising hatten dieses Konzept für gut befunden. Auch anderswo, etwa in Neufahrn, hat sich ein vergleichbares Projekt schon bewährt.

Das Personal in der Großtagespflege finanziert der Landkreis, Tagesmütter hat das TEZ auch schon gefunden. Um das Problem der Raumfrage zu lösen, könnten die aber nicht einfach ihre Privaträume zur Verfügung stellen, erklärt Susanne Müller. Zum einen seien die zu weit weg, zum anderen seien externe Räume nötig, um flexibel Ersatz schaffen zu können. Wann das Zentrum mit einer Zu- oder Absage für die Räume rechnen kann, will Christl Steinhart nicht prognostizieren. "Wir befinden uns in einem laufenden Verfahren", sagt sie, mehr könne sie nicht sagen. Wann die Räume aufgegeben werden und nach anderen gesucht werde, sei noch unklar. Angesichts der Situation auf dem Freisinger Wohnungsmarkt sei es aber schwer, kurzfristig umzuschwenken. Dennoch, versicherte sie, wolle die Stadt das Problem schnell lösen und stehe daher mit dem TEZ in engem Kontakt. Der Oberbürgermeister höchstpersönlich kümmert sich derzeit um die Angelegenheit.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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