"Bäderl auf Engelsspuren":Die da unten, die da oben

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Der Freisinger Autor Peter Thomas beschreibt in seinem dritten Buch seinen eigenen Lebensweg

Von Peter Becker, Freising

"Bäderl auf Engelsspuren" heißt der dritte Band einer Buchreihe, in der Peter Thomas seinen Lebensweg beschreibt. Dabei handelt es sich keineswegs um ein esoterisches Buch, dessen Autor hinter allen Begebenheiten des Alltags das Wirken der himmlischen Kräfte vermutet. Wenngleich er zugibt, dass er hinter manchen Situationen seines Lebens und dem seiner Familienmitglieder einen Schutzengel vermutet. Engel können aber auch Personen sein, die durch ihr Engagement im Alltag Mitmenschen etwas Gutes tun.

Peter Thomas, der in Freising sozial sehr rührig war und ist, schildert Szenen, in denen die Geschichte so mancher sozialen Einrichtung in Freising lebendig wird. Im zweiten Teil entwirft er eine Utopie von der fiktiven Stadt Engelshausen. Der dritte ist Wegbegleitern gewidmet, die sich gleich ihm sozial in der Stadt Freising engagiert haben. Peter Thomas hat 30 Jahre lang die "Freisinger Wärmestube" geleitet.

Das Buch beginnt mit den Erfahrungen von Peter Thomas, in denen er als gläubiger, katholisch erzogener Mensch eine schützende Hand eines Engels zu spüren glaubte. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Er erzählt, wie er am Ostermorgen mit seiner Frau in einem Auto vom Gottesdienst nach Hause fuhr. Auf eisglatter Straße kam sein Wagen ins Schleudern. Kurz vor dem Schaufenster eines Fahrradgeschäfts an der Vöttinger Straße kam das Auto zum Stehen. Thomas wagte sich nicht auszumalen, was geschehen wäre, wenn in diesem Augenblick ein anderes Fahrzeug entgegengekommen wäre. Der Autor erzählt, wie er einmal einen jungen, arbeitslosen Mann in seiner Wohnung aufgenommen hatte. Nach ein paar Tagen wurde dieser immer dreister, so dass Thomas ihn schließlich hinauswarf. Später dämmerte ihm, was der Unbekannte, der sich in mehreren Freisinger Familien so durchgebracht hatte, während seiner Abwesenheit alles hätte anstellen können.

Thomas zitiert einen Freisinger Kommunalpolitiker, der beim Blick aus dem Rathaus sagte: "Die da unten möchte ich weghaben." Gemeint waren zwei rumsitzende "Penner". In der Folge ließ die Stadt Sitz- und Rastbänke abschrauben. Proteste von Bürgern oder Sozialverbänden blieben aus. Thomas gibt Anekdoten aus der Wärmestube zum Besten. Heimliche Schadenfreude habe er empfunden, gesteht er, als einst ein Italiener mit einem überraschenden Schlag einen ihm körperlich überlegenen Dauergast der Wärmestube zu Boden streckte. Der hatte ihn stets mit Beleidigungen überhäuft. Einen weiteren Übernachtungsgast hatte er dabei überrascht, wie er sich offenbar die ganze Nacht über an einem "auf volle Pulle eingeschaltetem" Backrohr aufgewärmt hatte. Wie hoch die Stromrechnung war, ist ihm nicht bekannt.

Weitere Kapitel sind dem Wirken von Peter Thomas bei der Caritas gewidmet. Er schildert, wie er seine Anstellung bei einem Geldinstitut kündigte, um für die Caritas tätig zu sein. Dabei war er maßgeblich an der Inbetriebnahme der Männerherberge für umherziehende Obdachlose an der Kammergasse in Freising beteiligt. Diese ist vor einigen Jahren aus finanziellen Gründen geschlossen worden. "Die schweigsame Nichtreaktion der Freisinger Gesellschaft, auch in den Kirchengemeinden, macht mich fast zornig", schreibt Thomas. Im Gegensatz zu vor 20 Jahren hätten Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens stünden, heute keine Lobby mehr. "Es sei denn, ein guter Engel verliert sich nach Freising."

An der Gründung von "Rentabel" war Peter Thomas ebenso beteiligt - und fand sich dort Jahre später selbst als Langzeitarbeitsloser wieder. Die Caritas, welcher er sein "erfülltes Leben" verdankte, hatte ihn 2004 gekündigt. Aus seiner Sicht habe die Organisation das Erfolgsduo Sebastian Grießl/Peter Thomas zerschlagen wollen. Dies sei gelungen, was offenbar manch einer mit Schadenfreude quittierte. Dies meinten er und Grießl beobachtet zu haben. Geschäftliche Gründe, aber auch persönliche Animositäten seien deutlich gemacht worden. Innerhalb der Freisinger Caritas hatte Thomas das Gefühl, nicht mehr willkommen zu sein. Er habe deshalb frustriert und aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten "einer bescheidenen finanziellen Abfindung" zugestimmt.

Der zweite Teil des Buches ist "Engelshausen" gewidmet, die sich an den Roman "Utopia" von Thomas Morus aus dem Jahr 1516 anlehnt. In drei Komplexen, die nach Engeln benannt sind, leben Menschen unabhängig von ihrem sozialen Status, Bildung oder Alter zusammen, um alternative und neue Lebensformen einzuüben. In einem spirituellem Bewusstsein wirkt die neue Gesellschaft nach Vorstellungen des Autors den Fehlentwicklungen der Neuzeit entgegen. Dazu gehören etwa Geschäfte ohne Moral, die Ungleichheit zwischen Mann und Frau oder eine Wissenschaft ohne Menschlichkeit.

Unabhängig davon, ob jemand nun an Engel glauben mag oder nicht: Das Buch von Peter Thomas gibt einen Einblick in das soziale Geschehen in der Stadt Freising, wie etwa dem Entstehen der Männerherberge oder Rentabel. Es erinnert überdies an Persönlichkeiten, die sich in Freising engagiert haben und ansonsten vielleicht in Vergessenheit geraten würden.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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