Auszeit:Mit der nötigen Gelassenheit

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Selbst Alles-geht-schief-Tage sind in den Ferien leichter zu ertragen

Von Kerstin Vogel

Dass für dieses Kind da an der Supermarktkasse gerade etwas nicht optimal läuft, ist nicht zu überhören. Es brüllt, es tobt, es wütet. Mit Ausdauer und in einer Lautstärke, die einem Feldwebel auf dem Exerzierplatz Respekt abnötigen würde, falls es so etwas wie Exerzierplätze noch gibt. Die Kleine ist sauer, richtig sauer, stinkwütend und das soll jeder hören. Sie will zu Mama auf den Arm oder doch nicht. Oder ein Eis, aber nicht dieses. Auf gar keinen Fall in Richtung Kasse, aber neben der Kühltruhe ist es auch doof. Zurück auf den Arm? Nein, auch nicht, wieder runter. Die Gesamtsituation, sie passt nicht - man kennt das. Diese Tage, an denen morgens die Kontaktlinse ins Waschbecken fällt, man nicht weiß, was man anziehen soll, sich beim Verlassen des Hauses den Knöchel verrenkt, das Auto nicht anspringt, man den Zahnarzttermin verpasst - und irgendwann am liebsten brüllen würde, weil man einfach nicht mehr entscheiden kann, ob ein Eis noch hilft oder man lieber zu Mama auf den Arm will.

Die Mutter im Supermarkt wäre in dieser Situation jedenfalls eine gute Adresse. Vielleicht ist sie Zen-Buddhistin oder sie kennt die richtigen Kräuter, jedenfalls ist sie die Ruhe in Person. "Ja, ja, die arme Kinderseele", sagt sie augenzwinkernd und weit davon entfernt, sich über die kleine Prinzessin zu ärgern. Es sind Ferien, sie hat es offenbar nicht eilig. Also lässt sie die Kleine brüllen, fragt ab und zu freundlich, ob sie irgendetwas tun kann, nimmt das Kind lächelnd auf den Arm, lässt es lächelnd wieder runter.

Sie würde bestimmt auch die Kontaktlinse finden. Die richtigen Klamotten aus dem Schrank holen, den Knöchel verbinden und das Auto reparieren. Oder einfach etwas von ihren Kräutern abgeben. . .

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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