Aus dem Landratsamt lässt sich niemand blicken:Windradgegner fühlen sich im Stich gelassen

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Die Bürgerinitiative "Windwahnsinn Nandlstadt/Au wünscht sich mehr Transparenz im Genehmigungsverfahren. Entscheiden wird über das Projekt bei Haslach letztlich wohl das Gericht

Von Peter Becker, Au

Ein motorisierter Drachenflieger und ein Gleitschirmflieger kreisen im schon leicht vom Abendrot verfärbten Himmel über dem Auer Ortsteil Haslach. Sie schweben etwa in 200 Meter Höhe über dem Boden und markieren die Standorte, an denen die Projektgesellschaft "Tetra r.e." aus Landsberg zwei Windräder aufstellen will. Dabei handelte es sich um eine Aktion der Bürgerinitiative "Windwahnsinn Nandlstadt/Au), die dazu die Landtagskandidaten und Landrat Josef Hauner eingeladen hatte. Von Ersteren waren Johannes Becher (Grüne) und Benno Zierer (FW) gekommen, Markus Grill (SPD) ließ sich vom Kreisvorsitzenden Peter Warlimont vertreten. Derzeit bearbeitet das Landratsamt den Bauantrag. Die Meinung der drei Kommunalpolitiker dazu lautete, dass über diesen am Ende das Münchner Verwaltungsgericht entscheiden werde.

Landrat Hauner war mit dem Hinweis auf seine politische Neutralität der Veranstaltung ferngeblieben, wie Gerhard Penger, Sprecher der Bürgerinitiative, berichtete. Dabei hätten sich deren Mitglieder gerade seine Präsenz im Haslacher Feuerwehrhaus gewünscht, denn sie fühlen sich vom Landratsamt als Genehmigungsbehörde sträflich vernachlässigt. Penger und Anlieger aus Haslach, Bauernried und Großmehring vermissen die Transparenz in dem Verfahren. "Wir fühlen uns für blöd verkauft", sagte Penger. Weder das Landratsamt noch der Investor spreche mit ihnen über den Stand des Verfahrens. Es werde mit zweierlei Maß gemessen, fand ein anderer Windradgegner. Während ein Bürger bei einem Bauantrag penible Angaben zu seinem Vorhaben machen müsse, dürfe der Investor offenbar nachbessern, bis alles passe.

Becher zeigte Verständnis für die Anwohner, redete ihnen aber nicht nach dem Mund. "Wir brauchen auch Windkraft im Landkreis", positionierte er sich klar. Er würde sich dafür einsetzen, dass die 10-H-Regelung, die der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer eingeführt hatte, abgeschafft werde. Diese besagt, dass der Abstand eines Windrads zur nächsten Wohnbebauung das Zehnfache seiner Höhe betragen müsse. Zu der geplanten Anlage im Grenzbereich der Gemeinden Au und Nandlstadt meinte er: "Der Einzige, der Euch helfen kann, ist das Gericht." Dann gebe es ein Urteil, das man akzeptieren müsse. "Ist das in Ordnung, dann bin ich dafür." Stelle das Gericht fest, dass das Vorhaben nicht verträglich sei, werde er das auch akzeptieren.

Peter Warlimont zeigte Verständnis dafür, dass sich die Anwohner wie "ein Spielball der Behörden" vorkämen. Das dürfe nicht sein. Aufgabe des Landratsamts im Sinne der Transparenz sei es, so zeitnah wie möglich über den Stand der Dinge zu informieren. Ginge es nach ihm, würde er die 10-H- in eine 5-H-Regelung umwandeln.

Zierer zeigte sich von der Vorführung der Gleitsegler beeindruckt. Seiner Meinung nach sind die beiden Windräder zu nah an den Ortschaften dran. Die Abstände zur Wohnbebauung liegen laut Penger zum Teil bei 600 Meter. Aufgrund seiner Erinnerungen an die Atomreaktor-Havarie 1986 in Tschernobyl ist auch Zierer ein Befürworter der Windkraft. In solch diffizilen Fällen wie bei Haslach setzt er auf Einzelfallentscheidungen. Sollte das Verwaltungsgericht über das Baurecht entscheiden, dürfe das "nicht am grünen Tisch" geschehen. Der Richter müsste sich an Ort und Stelle ein Bild verschaffen. Dass sich die Gemeinden Au und Nandlstadt gegen die Windräder ausgesprochen haben, werde in einem Verfahren sicher berücksichtigt. Kritik erntete Zierer mit seiner Bemerkung, die CSU sei seinerzeit mit der 10-H-Regelung auf Stimmenfang gegangen. Sie sei doch zum Schutz der Menschen in der Nähe von Windrädern ergangen, meinte eine Zuhörerin.

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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