Flüchtlingspolitik in Attenkirchen:Kein Asylheim im Zementlager

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Wohnraum für Flüchtlinge wird auch im Landkreis Freising dringend gesucht. Doch in den Gemeinden sind die Unterkünfte teilweise nicht gerne gesehen. (Foto: Catherina Hess)

Erst sollten Flüchtlinge ins ehemalige Zementlager in Attenkirchen einziehen, dann doch nicht. Der Gemeinderat ging dagegen vor: Es sei zu laut im Gewerbegebiet, die Erschließung sei nicht sicher. Der Hauseigentümer vermutet ganz andere Gründe.

Von Katharina Aurich, Attenkirchen

Das Freisinger Landratsamt sucht weiterhin händeringend nach Unterkünften für Asylbewerber. Zuletzt schien wieder ein geeignetes Haus für 21 Menschen in der Moosburger Straße in Attenkirchen gefunden. Das Sozialamt hatte das Gebäude überprüft, Mitte Mai sollten die ersten Flüchtlinge einziehen. Doch nun hat der Gemeinderat den Bauantrag des Eigentümers für eine Nutzungsänderung abgelehnt. Er ist Voraussetzung für eine Unterbringung von Flüchtlingen.

Die Gemeinde begründet ihre Entscheidung mit dem Bauplanungsrecht. Der Eigentümer vermutet jedoch andere Gründe für die Ablehnung. Das Landratsamt bedauert derweil, dass es erneut kompliziert und langwierig sei, Flüchtlinge in einer privaten Unterkunft unterzubringen, sagt Pressesprecherin Eva Dörpinghaus.

Im Gewerbegebiet ist es angeblich zu laut

Die Attenkirchener Gemeinderäte berufen sich in ihrer Entscheidung darauf, dass das Haus mit zwei Wohnungen im Gewerbegebiet liege und zu befürchten sei, dass die Flüchtlinge durch Lärm gestört würden. Außerdem sei die Erschließung des Gebäudes nicht gewährleistet. Dafür müsste der Eigentümer einen drei Meter breiten Streifen neben seinem Grundstück von der Gemeinde erwerben. Sie bemängeln außerdem, dass für die Umbauten und Erweiterungen aus dem Jahr 1956 keine Genehmigungen vorlägen.

"Wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt"

Gerhard Fischer, Bauunternehmer aus Schweitenkirchen, hat das Gebäude als Wohnhaus im vergangenen Oktober erworben. Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass es im Gewerbegebiet liege. Seit einer Gesetzeserweiterung im vergangenen Jahr können auch Immobilien in Gewerbegebieten für die Unterbringung von Flüchtlingen vermietet werden, wenn die Lärmemissionen nicht zu stark sind.

Auf diese Einschränkung beruft sich nun die Gemeinde in ihrer Ablehnung. Das Haus liegt zwar auf dem Gelände des ehemaligen Baustoff- und Zementhandels Weichmann, der Firmeninhaber ist aber verstorben. Es sei bislang unklar, wie das Gelände in Zukunft genutzt werde, sagt Fischer.

Er moniert, dass es seit Jahren Grundstücksverhandlungen zwischen der Gemeinde und der Familie Weichmann gebe. Dabei gehe es um den Grundstückspreis, einen Flächentausch für einen Geh- und Radweg und den drei Meter breiten Streifen neben Fischers Haus. "Wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich das Haus nicht gekauft", sagt Fischer heute.

Das Gebäude ist frisch saniert

Er hat das Gebäude von Grund auf sanieren lassen, baute neue Fenster und eine neue Heizung sowie Küchen ein und plante zunächst, das Haus regulär zu vermieten. Dann entschloss er sich, die zwei Wohnungen dem Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen anzubieten.

Die Miete, die er dafür erhalten würde, sei etwas höher als die örtliche Vergleichsmiete und in etwa genauso hoch, als wenn er das Gebäude an Montage-Arbeiter vermieten würde, die dort nur temporär wohnten. Für seinen Bauantrag zur Nutzungsänderung habe er sich über die Geschichte des Hauses kundig gemacht, sagt Fischer. Die Umbauten in den 60er Jahren seien genehmigt gewesen. Im Landratsamt waren allerdings keine Unterlagen zu finden.

Fund im Staatsarchiv

Erst im Staatsarchiv habe er die entsprechende Dokumente gefunden, berichtet der Bauunternehmer. Fischer hat der Gemeinde nun angeboten, die Fläche neben seinem Grundstück zu kaufen, um die Erschließung zu sichern und die Abstandsflächen einzuhalten. An diesem Streifen solle das ganze nicht scheitern, sagt auch Bürgermeister Martin Bormann. Er werde dem Gemeinderat vorschlagen, Fischer den Grund zu verkaufen. Leider sei das ganze Vorhaben verfahren. Er versuche aber, mit den Beteiligten - Fischer und der Familie Weichmann - weiter zu verhandeln.

"Dann vermiete ich das Haus an Arbeiter"

Das staatliche Bauamt im Landratsamt überprüft inzwischen die Ablehnung des Bauantrags durch die Gemeinde. "Ich warte die Entscheidung noch vier Wochen ab, dann vermiete ich das Haus an Arbeiter", sagt Fischer. Auch das werde nicht gehen, da eine Wohnnutzung im Gewerbegebiet nur für Betriebsleiter zulässig sei, betont Bormann.

Derweil sucht das Landratsamt weiter nach Unterkünften für Flüchtlinge. Es sei kein lukratives Geschäft, an das Landratsamt zu vermieten, sagt Pressesprecherin Eva Dörpinghaus. Für die Behörde gelten die ortsüblichen Vergleichsmieten. "Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen", sagt Dörpinghaus. Dafür sei das Landratsamt aber ein zuverlässiger Mieter.

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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