Asylhelferin berichtet :"An meinem Einsatz ändert das nichts"

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Seit einem Jahr engagiert sich Teresa Degelmann, 23, als Koordinatorin der Flüchtlingshelfer. (Foto: Marco Einfeldt)

Teresa Degelmann verurteilt die Ereignisse von Köln. Sie selber hat bei ihrer Tätigkeit aber nur gute Erfahrungen gemacht

Von Katharina Aurich, Freising

Seit einem Jahr engagiert sich die 23-jährige Teresa Degelmann als Koordinatorin der Flüchtlingshelfer. Die Ereignisse in Köln und an anderen Orten, wo Frauen vermutlich auch von Flüchtlingen bedroht und belästigt wurden, beeinträchtigen ihr Engagement nicht. "Sexualisierte Gewalt ist nicht akzeptabel, diese Geschehnisse verurteile ich. Man muss thematisieren, welche Konsequenzen die Straffälligkeit von Asylbewerbern auf ihr Bleiberecht hat. An meinem Einsatz ändert das aber nichts", betont Degelmann. Die Asylbewerber, mit denen sie arbeite, begegneten ihr stets respektvoll. Es gebe für sie keinen Grund, ihnen mehr zu misstrauen als anderen Menschen.

Im Frühjahr 2015 schloss Degelmann wie geplant ihr Studium "European Studies" in Passau ab, schwerpunktmäßig hatte sie sich mit der europäischen Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten beschäftigt. Damals ahnte sie nicht, dass sie die Auswirkungen dieser Politik bald hautnah erleben würde. Im Oktober 2015 begann die 23-Jährige ihr Masterstudium Politik an der LMU, im Mai fuhr sie nach Berlin und arbeitete zwei Monate im Büro des SPD-Abgeordneten Ewald Schurer: "Eine spannende Zeit." Sie nahm an Ausschusssitzungen teil, recherchierte Sachfragen und beantwortete "Bürgeranfragen, hauptsächlich zum Thema Asyl".

Dadurch war sie ein wenig vorbereitet, auf das, was sie in Freising erwartete. "Als ich wieder zu Hause war, kamen immer mehr Flüchtlinge und ich habe mich über so manche rechtspopulistischen Aussagen erschrocken". Eine Integration der Flüchtlinge gelinge nur, wenn man sie gut betreue, ist sich Degelmann sicher. Dafür seien Ehrenamtliche unabdingbar: "Nur wenn wir mit den Flüchtlingen in Kontakt kommen, sie rasch Deutsch lernen und sie zu uns Vertrauen haben, können wir verhindern, dass eine Parallelgesellschaft entsteht." Sie begann deshalb mit anderen im Juli den Helferkreis für Asylbewerber an der Wippenhauser Straße und Organisationsstrukturen für die zunehmende Zahl von ehrenamtlichen Helfern aufzubauen.

Daraus ist fast ein Vollzeitjob für die junge Frau geworden, zumal die Zahl der Flüchtlinge im Containerdorf an der Wippenhauser Straße auf 400 gestiegen ist. Dass sie einen Nebenjob bei der Friedrich-Ebert-Stiftung habe, falle schon gar nicht mehr ins Gewicht, so Degelmann. Sie treffe sich eben nur noch einmal die Woche mit Freunden und habe kaum noch Freizeit. Ihr Partner war bis Dezember für ein Jahr im Ausland, für ihn habe sie sich über Weihnachten und Sylvester eine Auszeit von der Arbeit beim Helferkreis genommen.

Im Moment falle ihr die Abgrenzung zu den Flüchtlingen sehr schwer. "Wir fragen die Menschen nicht, was sie erlebt haben, aber hin und wieder erzählen sie, dann kommen mir manchmal die Tränen". Die Unterstützung der Flüchtlinge gebe ihr dennoch sehr viel, die Menschen seien dankbar, hilfsbereit und freundlich. Das Problem sei nicht ihre Zeitknappheit, sondern am meisten belaste sie die diffusen Ängste in der deutschen Bevölkerung, "davor habe ich Angst. Ich bin eine blonde deutsche Frau - noch nie wurde ich von einem Flüchtling angemacht, sondern immer respektvoll behandelt. Auf dem Oktoberfest werde ich von deutschen Männern viel dümmer belästigt," ärgert sich Degelmann über die Vorurteile. Ganz nebenbei erwähnt sie dann noch, dass sie heuer in den erweiterten Bezirksvorstand der SPD Oberbayern und im November zur stellvertretenden Juso-Vorsitzenden in Freising gewählt wurde.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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