Haftpflichtversicherung für Asylbewerber:Ohne sie gibt es kein Fahrrad

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Viele der Flüchtlinge würden beim Fahrrad fahren die Verkehrsregeln nicht beachten, sagt Gemeinderätin Beate Frommhold-Buhl. (Foto: dpa)

Helferkreise wollen Asylbewerber im Landkreis Freising nur mit einer Haftpflichtversicherung Fahrrad fahren lassen. Derzeit werden verschiedene Angebote eingeholt. Zahlen müssten die Flüchtlinge dafür selber.

Von Gudrun Regelein, Landkreis

Immer wieder verursachen vor allem junge Asylbewerber in jüngster Zeit mit dem Rad einen Unfall - bislang glücklicherweise alle mit glimpflichem Ausgang. Der Sachschaden bei einem solchen Zusammenstoß aber kann sich schnell auf einen vierstelligen Betrag addieren. Kaum ein Flüchtling kann das aus eigener Tasche bezahlen - und: Bislang haben die wenigsten Asylbewerber eine Haftpflichtversicherung. Eine deutschlandweite Versicherung für Flüchtlinge steht nicht zur Debatte, heißt es aus dem Bundesjustizministerium. Der Freistaat Bayern lehnt es ebenfalls ab, eine Landesrahmenversicherung abzuschließen.

Auch der Landkreis Freising wird - da es sich um keine Pflichtaufgabe handelt - die hier lebenden Asylbewerber nicht versichern, sagt Robert Stangl, Pressesprecher im Landratsamt. "Wir halten uns damit an eine Empfehlung des Sozialministeriums." Eine generelle Haftpflichtversicherung für Asylbewerber wäre eine Ungleichbehandlung gegenüber Sozialhilfeempfängern, die nicht von einer entsprechenden Versicherung auf Kosten des Landkreises profitierten. "In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass etwa 30 Prozent der deutschen Bevölkerung nicht abgesichert sind. Um sich bei Schadensfällen zu schützen, ist Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen nötig", sagt Stangl.

Es ist nicht so leicht zu verstehen, wie eine Haftpflichtversicherung funktioniert

Die im Landkreis lebenden Flüchtlingen würden aber nicht explizit auf die Haftpflichtversicherung hingewiesen - das liege auch daran, dass das deutsche Rechtssystem sehr komplex und die Begrifflichkeit nur schwer zu erklären sei. Stangl fände es aber wünschenswert, wenn die Versicherer Infoblätter in verschiedenen Sprachen zum Thema Haftpflichtversicherung zur Verfügung stellten. "Diese kann man dann über die Helferkreise an die Asylbewerber verteilen."

Die Problematik aber ist bekannt, deshalb hat das Jugendamt für die unbegleiteten minderjährige Flüchtlinge, die in der Turnhalle in der Wippenhauser Straße leben, ein Fahrradverbot ausgesprochen. Dazu habe man sich aufgrund der Fürsorgepflicht entschlossen, nachdem es zu kleineren Unfällen gekommen war. "Die jungen Menschen wurden angehalten, auf das Fahrrad zu verzichten, solange sie noch keinen Verkehrserziehungskurs bekommen haben", sagt Stangl. Ehrenamtliche wurden als Multiplikatoren geschult, die ihr Wissen nun weitergeben sollen. So soll verhindert werden, dass sich die jungen Flüchtlinge selbst oder andere verletzen.

In Neufahrn will der Helferkreis in Zukunft nur noch Asylbewerbern mit einer Haftpflichtversicherung ein Fahrrad aushändigen. Gekoppelt wird das mit einer Verkehrsschulung. "Wir haben uns dazu entschlossen, da viele der Flüchtlinge ohne die Verkehrsregeln zu beachten, Fahrrad fahren", sagt Gemeinderätin und Sozialreferentin Beate Frommhold-Buhl, die sich im örtlichen Helferkreis engagiert. Die Helfer seien derzeit dabei, von verschiedenen Versicherern Angebote einzuholen. Das günstigste und passendste Angebot werde man dann den Asylbewerbern vorstellen und ihnen erklären, weshalb sie diese Versicherung brauchen und dafür Geld ausgeben sollen. "Natürlich können wir niemanden dazu zwingen", sagt Frommhold-Buhl. Aber eine Versicherung sei notwendig, sagt sie. Nicht nur wegen der Fahrradunfälle, sondern auch wegen anderer möglicher Schäden - neulich habe beispielsweise ein kleines Kind Steinchen auf ein Auto geworfen. Auch Erwin Girbinger, Koordinator im Helferkreis Asyl Moosburg, hält eine Versicherung für sinnvoll.

Die Paten würden das ihren Schützlingen sehr dringend empfehlen, gerade Asylbewerbern, die bereits in einer eigenen Wohnung leben. "Flächendeckend haben wir die Versicherung in Moosburg aber noch nicht", sagt er. In der Gemeinde Marzling, wo Ende April knapp 60 junge Flüchtlinge eintreffen werden, werde man diesen die Möglichkeit einer günstigen Haftpflichtversicherung vorstellen, berichtet Bürgermeister Dieter Werner. "Aber verpflichten kann man dazu niemanden." Auch, wenn das eine kleine Gesetzeslücke sei.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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