Arbeitslosengeld zu Unrecht:Teurer Fehler

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61-jähriger Diplomkaufmann meldet neuen Job verspätet bei der Arbeitsagentur - und muss dafür 1800 Euro zahlen

Von Alexander Kappen, Freising

Es sehe so aus, als habe er das Arbeitsamt betrügen wollen, räumte der Angeklagte in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht ein: "Aber das war nicht meine Absicht." Deshalb hat der 61-jährige Diplomkaufmann aus dem Landkreis auch Einspruch gegen den Strafbefehl über 1800 Euro wegen Sozialbetrugs eingelegt. Er hatte im Frühjahr dieses Jahres, obwohl er schon wieder einen Job hatte, weiter Arbeitslosengeld bezogen. Das sei "ein Riesenfehler", aber kein vorsätzlicher Betrug gewesen, sagte der 61-Jährige. Richter Michael Geltl glaubte ihm, das Geld - knapp 2800 Euro - "nicht böswillig in die Tasche gesteckt" zu haben: "Es war halt ein Fehler, aber mancher Fehler kostet eben." Er konnte den Angeklagten überzeugen, seinen Einspruch zurückzuziehen.

Zunächst hatten die widersprüchlichen Einlassungen des Kaufmanns wenig Einsicht erkennen lassen. Er sei vor ein paar Jahren schwer krank geworden und lange arbeitsunfähig gewesen. Zunächst habe die Krankenkasse gezahlt, dann habe er Arbeitslosengeld bezogen. Die Krankheit habe ihn auch psychisch mitgenommen, zumal in der Zeit seine Ehe in die Brüche gegangen sei und er das Sorgerecht für sein Kind verloren habe. Nachdem er über eine Wiedereingliederungsmaßnahme in seiner Firma wieder ein wenig Fuß gefasst hatte, begann der Angeklagte am 14. März dieses Jahres einen Vollzeitjob als Revisor.

"Ich wollte erst einmal ausprobieren, wieder voll in den Beruf einzusteigen, hatte aber Angst, das nicht zu schaffen", berichtete er. Deshalb habe er die neue Beschäftigung nicht gleich, sondern verspätet der Arbeitsagentur gemeldet: "Sonst hätte ich wieder einen neuen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen müssen, wenn ich das mit dem Job nicht geschafft hätte."

In seinen weiteren Ausführungen berichtete der 61-Jährige allerdings davon, dass er sich ziemlich sicher sei, bei Antritt seiner neuen Stelle im März mit einem gewöhnlichen Brief - ohne Einschreiben - die Arbeitsagentur von dem Job unterrichtet zu haben. "Ich habe alle Schreiben an die Arbeitsagentur immer fristgerecht abgeschickt, also gehe ich davon aus, dass es in diesem Fall auch so war", sagte der Angeklagte. Zum Erstaunen des Richters: "Sie haben doch gerade zugegeben, die Meldung verspätet abgegeben zu haben. Was stimmt denn jetzt? Also ein klares Geständnis hört sich anders an."

Der Richter machte dem bereits vorbestraften Angeklagten klar, dass er, wenn er seinen Einspruch aufrechterhalte, mit einer noch höheren Strafe zu rechnen habe. Die Strafe war mit 60 Tagessätzen, das betonte der Staatsanwalt, noch "am unteren Rand des Korridors" angesetzt. Die Tagessatzhöhe von 30 Euro basierte zudem auf einem angenommen Netto-Einkommen des Angeklagten, das weit unter dem tatsächlichen lag, wie sich im Prozess herausstellte. Und was die Vorwürfe gegen den 61-Jährigen angehe, "schaut es ziemlich klar danach aus, dass wir das nachweisen können", so der Richter.

Wie die Ermittlungen ergeben hatten, hat der Angeklagte im April einen Beratungstermin bei der Arbeitsagentur wegen angeblicher Krankheit abgesagt, obwohl er da bereits den neuen Job hatte. Erst bei einem Folgetermin ihm Mai meldete er sein neues Arbeitsverhältnis. Das unrechtmäßig erhaltene Arbeitslosengeld zahlte er sofort zurück.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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