Angehende Erzieherinnen philosophieren mit Kindern:Wenn die Zeit in den Urlaub geht

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Drei Studentinnen der Fachakademie für Kinderpflege - (von links) Vanessa, Lucia und Selina - haben sich mit Kindern in der Freisinger Stadtbibliothek getroffen, um zu philosophieren. Unter anderem ging es dabei um die Zeit, ein "Denkzwerg" half den Kleinen beim Reden. (Foto: Marco Einfeldt)

Die kleinen Teilnehmer des offenen Angebots sollen unter anderem lernen, auch mal etwas zu hinterfragen

Neun Kinder ab vier Jahren sind am Donnerstagnachmittag in die Freisinger Stadtbibliothek gekommen, um zu philosophieren. Eingeladen hatten Studentinnen der Fachakademie für Kinderpflege. "Es handelt sich um einen Wahlkurs von angehenden Erzieherinnen im zweiten Jahr", schildert Katharina Maas, die Kursleiterin. Sie hat schon mehrere Kinder-Philosophie-Angebote gemacht. "Ich finde das wahnsinnig wichtig", erklärt sie und fügt hinzu: "Nur wer lernt, etwas zu hinterfragen, hat die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben."

Und damit kann man nicht früh genug anfangen: Schuhe vom Babypantöffelchen bis zum Erwachsenen-Sportschuh, Uhren, Sanduhren, abgebrannte Teelichter, zwei Kerzen, das hatten die Schülerinnen der Fachakademie auf dem Boden ausgebreitet. Nach einer Kennenlernrunde setzten sich die Kinder im Kreis darum. Zuerst las Lucia, eine der Schülerinnen, die Bildgeschichte "Warten auf Goliath" vor, bei der ein Bär ein Jahr lang auf seinen Freund Goliath, die Schnecke wartet. Die Geschichte machte klar, die Runde sollte der Zeit auf die Spur kommen. In einem Sack waren dazu Fragen auf Zetteln, immer ein Kind durfte einen ziehen.

"Woher kommt die Zeit?", lautete eine Fragen, die Kinder schwiegen. Dann sagte ein Mädchen mit leiser Stimme: "Vom lieben Gott." Katharina Maas nickte und fragte weiter: Beim Bäcker oder in einem Laden gebe es sie wohl nicht? "Nein", lachten die Kinder. Und wofür man die Zeit brauche? Da werden die Antworten mehr, der "Denkzwerg", den jeder bekommt, der redet, wandert von Kind zu Kind. "Zum Spielen", "zum Arbeiten". Und wohin geht die Zeit, wenn sie vorbei ist? Ein Junge antwortet prompt, "in Urlaub" und erklärt: "Im Urlaub und am Wochenende muss man sich nicht beeilen, aber nach dem Wochenende muss man sich wieder beeilen."

Am Ende dürfen die Kinder malen und basteln, Maas hat ein paar Minuten Zeit, um Bilanz des ersten öffentlichen Kinderphilosophie-Nachmittags zu ziehen. "Es war ein bisschen schwierig, weil sich die Kinder nicht kennen, das geht flüssiger bei regelmäßigen Gruppen" sagt sie. Dennoch ist sie zufrieden, auch für die Schülerinnen, die in den Genuss einer praktischen Übungsstunde gekommen sind. Für die Kinder sei es auch wichtig, "sie erarbeiten sich da eine Wundertüte von Kompetenzen, nachdenken, reden, andere Meinungen gelten lassen und eigene bilden."

© SZ vom 17.12.2018 / av - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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