Amtsgericht Freising:Juristen auf Tour

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Die Fixierung Schutzbedürftiger ist genauer geregelt - für Betreuungsrichter bedeutet das jede Menge Ortstermine

Manfred Kastlmeier ist am Freisinger Amtsgericht einer von drei Betreuungsrichtern. Als solcher ist er viel im Landkreis unterwegs, jeder Fall muss am Ort des Geschehens überprüft werden. Künftig dürften Kastlmeier und seine Kollegen noch öfter auf Tour sein. Grund dafür ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über sogenannte Fixierungen zum Schutz betreuter Personen.

Dabei geht es um die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt jemand von den Betreuern etwa am Bett festgeschnallt werden darf und ab wann dafür ein richterlicher Beschluss erforderlich ist. Die Verfassungsrichter haben die schwammige und juristisch dehnbare Formulierung im Gesetzestext mittlerweile präzisiert und eine klare Grenze gesetzt. Wenn jemand "kurzfristig" ohne richterlichen Beschluss fixiert werden darf, heißt das jetzt: nicht länger als 30 Minuten.

Bisher hätten die Bundesländer vom Interpretationsspielraum beim Begriff "kurzfristig" regen Gebrauch gemacht, sagte Kastlmeier kürzlich in einem Pressegespräch. In Bremen bedeutete "kurzfristig" vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts zehn Minuten, in Bayern 48 Stunden. Nun herrscht Klarheit - was für die Betreuungsrichter wohl auch zu einem Anstieg der Fallzahlen führen wird. Sie müssen sich bei Ortsterminen, auch Anhörungen genannt, selbst ein Bild vom Geschehen machen. In der Regel läuft das laut Kastlmeier so: Ein Betreuer oder Bevollmächtigter entscheidet, dass ein Betreuter zum Beispiel ein Bettgitter bekommt, damit er nicht auf den Boden fallen kann. "Ein Betreuungsrichter schaut sich das dann an und wenn es in Ordnung ist, genehmigt er es", so Kastlmeier.

Bei richtigen Fixierungen, etwa durch Gurte an Armen, Beinen, Körper und Kopf, "kann sich der betroffene Mensch nicht mehr rühren", erläuterte der Richter: "Das ist eine Freiheitsentziehung, deshalb muss das ein Richter entscheiden." In Freising teilen sich drei Richter den Job. "Jeder von ihnen macht das nur teilweise, weil das zeitlich und auch emotional sehr belastend ist", sagte Amtsgerichtsdirektor Christian Seiler. Man versuche so weit als möglich, Gurte, Bettgitter und ähnliche Maßnahmen zu vermeiden, sagte Kastlmeier: "Wir haben ganz sicher keinen Spaß an Fixierungen."

Das Wohl der betreuten Menschen stehe im Vordergrund, aber "da muss man auch kreativ sein". So könne man etwa statt eines Gitters niedrige Betten verwenden und weiche Unterlagen davor legen, sodass keine Verletzungsgefahr bestehe, falls jemand herausfällt. In Moosburg gebe es sogar eine Einrichtung, die komplett auf Fixierungen verzichte.

© SZ vom 30.03.2019 / axka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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