Amtseinführung:Spirituell leben

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Pfarrerin Anna Hertl kümmert sich speziell um Jugendliche

Interview von serafine dinkel, Freising

Freising - Immer weniger Menschen gehen regelmäßig in die Kirche. Der traditionelle Gottesdienst spricht viele junge Leute wenig an, genau deswegen suchen die Kirchen aber mehr Kontakt mit Jugendlichen. Seit März 2016 ist die Jugendpfarrerin Anna Hertl in den Landkreisen Freising, Erding und Ebersberg Nord dafür mitverantwortlich. Die 30-Jährige wurde mit einem Jugendgottesdienst am Dienstag feierlich eingeführt.

SZ: Plakativ ausgedrückt: Haben Jugendliche denn noch einen Bezug zur Kirche?

Hertl: Generell kann die Kirche nicht mehr mit derselben Selbstverständlichkeit regelmäßige Kirchgänger erwarten. Die kirchliche Sozialisation ist also nicht mehr die Norm. Das heißt aber nicht, dass es kein Interesse gibt.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher im Landkreis gemacht?

Es gibt viele engagierte Leute, die Spaß daran haben, sich in der Kirche zu engagieren. Als Pfarrerin bin ich zwar weniger mit der Freizeitleitung beschäftigt, sondern mehr mit dem Spirituellen. Auch da bemerke ich aber die Offenheit. In der Gemeinde Moosburg zum Beispiel habe ich einen Jugendgottesdienst organisiert. Viele waren sofort dabei und dachten sich fantastische Sachen aus. Natürlich sind das aber eher die Jugendlichen, die sowieso in den Gemeinden aktiv sind.

Kommen die Jugendlichen, die in der Kirche aktiv sind, auch aus christlich geprägten Familien?

Nicht unbedingt. Klar ist es für die Kirche leichter "anzudocken", wenn die familiäre Sozialisation da ist. Doch viele Jugendliche kommen auch über Freizeitangebote wie Feriencamps dazu und wollen danach weitermachen. Oder sie saßen durch Zufall im Religionsunterricht. Die Aufgabe der Jugendarbeit ist, es das zu schaffen, was die Familie nicht schafft. Den Kindern wird ermöglicht, einen Zugang zu finden zu spirituellen Fragen. Dem Dekanat Freising ist dieser Aspekt schon wichtig, das zeigt sich schon daran, dass es meine Stelle überhaupt gibt.

Nach diversen Missbrauchsskandalen - herrscht noch Vertrauen in die Kirche bei der Betreuung von Jugendlichen?

Das Vertrauen der Eltern ist uns sehr sehr wichtig, genau wie die Prävention von sexuellem Missbrauch. Bisher ist mir aber noch nicht aufgefallen, dass Eltern uns gegenüber misstrauisch sind.

Wie sieht ein Gottesdienst aus, der Jugendliche anspricht?

Man muss ihn auf eine lockere Weise gestalten und auch die einbinden, die vielleicht nicht genau wissen wie die traditionelle Liturgie aussieht, wann was zu sagen ist, wo die Liedtexte zu finden sind. Wichtig ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder wohlfühlt und ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Das geht zum Beispiel mit mitreißender Musik und interessanten Inhalten.

Welche Themen beschäftigen denn Jugendliche in der Kirche?

Meistens große Fragen des Lebens, dafür sind die Jugendlichen oft offener als Erwachsene. Zum Beispiel zum Leben im Allgemeinen - was ist der Sinn? Wie soll ich mich orientieren? Warum ist die Welt, wie sie ist? Bei einem Gottesdienst ging es um Sport und Kirche. Bei einem anderen um Zeit und Stress - was ist zu viel für mich, was reicht?

Diese Themen werden heutzutage immer wichtiger, auch für Erwachsene. Findet eine Rückbesinnung auf die Kirche statt?

Ich finde, den christlichen Glauben kann man nur in der Gemeinschaft leben. Er kann helfen, das Leben zu bewältigen. Ob man das möchte, steht jedem frei. Die Botschaft der Kirche ist jedenfalls nach wie vor aktuell. Sie wird in den nächsten Jahren Formen finden müssen, um Menschen damit wieder anzusprechen. Aber irgendwelche Prognosen stellen kann und will ich nicht.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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