Am Landshuter Landgericht:Panzerknacker stehen vor Gericht

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Professionell organisierte Einbrecherbande hat auf ihren Streifzügen rund um München etwa 380 000 Euro erbeutet

Peter Becker

Eine Bande von Tresorknackern hat auf ihren Streifzügen durch die Landkreise rund um München etwa 380 000 Euro erbeutet, bevor ihr die Polizei das Handwerk legte. Sie bestand aus etwa 20 Männern, von denen die ersten vier nun vor dem Landshuter Landgericht auf ihre Urteile warten. Die eigentlichen Köpfe der Bande, ein Erdinger Gastronom und sein Cousin, warten noch auf ihre Prozesse. Ebenfalls beteiligt ist ein Hallbergmooser, der in Freising eine Werkstatt betrieben hat. Insgesamt werden den Beschuldigten 27 Fälle des schweren oder versuchten schweren Bandendiebstahls vorgeworfen.

Geschmiedet wurden die Einbruchspläne in einer Erdinger Kneipe. Zwei Beschuldigte berichteten, dass dort niemand ein Blatt vor den Mund nahm. "Da konnte man hingehen und einen Tipp geben", sagt ein Angeklagter. Dafür gab es hinterher einen gewissen Anteil an der Beute. Um die Ausführung der Tat kümmerte sich der Wirt persönlich. Als Spezialist gilt sein Cousin, der für die Einbrüche extra aus Belgien einreiste. Er beherrscht die Kunst, einen Panzerschrank aufzuflexen. Der Wirt kassierte wohl auch seinen Anteil, weil er seine Kneipe, in der offenbar auch Hehlerware über den Tisch ging, als "Kontaktbörse" zur Verfügung stellte. Ein Angeklagter beschreibt ihn als "gefährlich". Aber man habe mit ihm reden können.

Von den vier Angeklagten, die sich aktuell vor dem Landshuter Landgericht verantworten müssen, stammen drei aus dem Landkreis Erding. Dort nahm die Einbruchserie Ende des Jahres 2009 ihren Anfang. Im Landkreis Freising war ein Teil der Bande in Allershausen aktiv. Dort stiegen vier Mitglieder spontan in eine Firma ein, machten aber nur geringe Beute.

Ihre größten Coups landete die Bande jedoch bei Einbrüchen in die Kugler Alm bei Oberhaching und einer Wohnung eines Münchners. In beiden Fällen spielte eine Frau eine unrühmliche Rolle. Sie arbeitete in dem Biergarten und war gleichzeitig eine Freundin des Münchners, dessen Wohnung später heimgesucht worden war. Von diesem hatte sie ein Auto geschenkt bekommen, das sie nun verkaufen wollte. Deshalb wandte sie sich an einen der Angeklagten. Der hatte zuvor von einem Bekannten einen Hinweis erhalten, dass es in Erding einen Kreis von professionellen Einbrechern gebe. Die erledigten den Job und beteiligten später denjenigen, der den Tipp gab, an der Beute. Bei einem Treffen mit der Bedienung im Biergarten kam dem Mann die Idee, in der Kugler-Alm könne viel Geld zu holen sein. Ungeniert fragte er die Bedienung, ob sie ihm Angaben zu einem Tresor oder Alarmanlagen machen könne. Die Frau gab bereitwillig Auskunft, unter der Voraussetzung, dass sie ihren Anteil an der Beute erhalten würde. Den 510 Kilogramm schweren Tresor konnten die Einbrecher nur transportieren, indem sie Olivenöl als Gleitmittel verwendeten und ihn mit Teppichen zum Transportwagen schleiften, den einer der Angeklagten fuhr. Der Erdinger Wirt, der diesmal mit von der Partie war, habe diesen allein in das Fahrzeug gestemmt, berichtet der Beschuldigte. In einer Freisinger Werkstatt wurde der Safe aufgeflext. Die Beute betrug 79 000 Euro.

Noch mehr war bei dem Münchner zu holen. Seine damalige Freundin wartete eine günstige Gelegenheit ab, bis dieser wegen eines Jagdausflugs außer Haus war. Dann informierte sie ihren Kontaktmann. Ein erster Versuch, an dem der Spezialist aus Belgien beteiligt war, scheiterte. Dieser reiste ab, doch seine Kumpane versuchten es erfolgreich noch einmal auf eigene Faust. In einem Waffenschrank befanden sich 90 000 Euro, Schmuck und eine Waffe samt Munition. Der Safe wurde am Wörther Weiher geknackt. Waffe und Munition habe er in den Isarkanal geworfen, beteuerte ein Angeklagter. Auf diesen Alleingang reagierte der Meister im Umgang mit der Flex "sauer". Es kam zu einem teilweisen Zerwürfnis unter der Bande. Diese verlegte sich in der Folge auf Einbrüche in weniger attraktive Objekte wie etwa Schulen in den Landkreisen rund um München. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 04.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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